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(K)ein Wunsch frei!?

Eltern sauer: Ihre Kinder dürfen nicht aufs Augustinergymnasium

Hoffen weiter auf einen positiven Ausgang für ihre Kinder (von links): Diala und Marco Müller, Sebastian und Andrea von Lucke, Andrea Erfert. Foto: Kötter
Hoffen weiter auf einen positiven Ausgang für ihre Kinder (von links): Diala und Marco Müller, Sebastian und Andrea von Lucke, Andrea Erfert. Foto: Kötter

Kurz vor dem Ende des Schuljahres herrscht in Karben Unmut: Karbener Kindern bleibt der Gang auf das Friedberger Augustiner- gymnasium in diesem Jahr verwehrt.

Karben. Diala Müller ist sauer, während sie den Brief in der Hand hält. Denn er zeigt schwarz auf weiß, was die Familie seit Wochen umtreibt: Tochter Leni (9) darf nicht auf die Augustinerschule Friedberg (ASF) gehen. „Dabei hat sie sich beim Tag der offenen Tür gleich in die Schule verliebt“, erzählt die Mutter. Und genau an diesem Januartag, an dem sich die Schule potenziellen neuen Schülern und ihren Eltern präsentierte, nimmt der Ärger um die Absage seinen Anfang.

„Da hat der Rektor der Augustinerschule uns deutlich ein Losverfahren für die Verteilung der Schulplätze angekündigt. Alle Wetterauer Grundschüler würden gleichbehandelt, wurde mir einen Tag später auch vom Sekretariat bestätigt“, erzählt Müller.

Doch das angekündigte Losverfahren hat nicht stattgefunden. Die Absage betrifft nun alle Schüler in Karben, Bad Nauheim, Wölfersheim, Altenstadt und Nidda. Mit einer Ausnahme: Ist bereits ein Geschwisterkind auf der Augustinerschule, so hat auch der neue Fünftklässler eine Chance.

Schlecht kommuniziert

„Ich habe Anfang des Jahres noch von einem Losverfahren gesprochen, weil das in der Vergangenheit ein üblicher Weg war“, erklärt der Friedberger Schulleiter Martin Göbler im Gespräch mit der FNP. Doch die vom Schulamt einberufene Lenkungskonferenz, die immer dann tagt, wenn es mehr Anmeldungen als Schulplätze gibt, hat am 8. Mai anders entschieden. „Da sind auch mir die Hände gebunden“, verweist Göbler auf die geltende Rechtslage. Denn Eltern hätten zwar den Anspruch auf den gymnasialen Bildungsweg, nicht jedoch auf ein Wunschgymnasium. Mit ihrem Ärger, dass die Schulplätze nicht wie angekündigt vergeben wurden und Karbener Schüler eine Absage erhalten, stehen Diala Müller und ihr Mann Marco nicht allein da. Sieben Kinder der Pestalozzischule wollten auf die Augustinerschule wechseln – drei dürfen, weil bereits ein Geschwisterkind dort ist, vier sind von der Absage betroffen.

Die Eltern der drei betroffenen Schüler aus der Klasse 4 b stehen in engem Kontakt zueinander. „Das Prozedere ist einfach nicht korrekt – es wurde etwas angekündigt und im laufenden Verfahren die Vorgehensweise geändert“, kritisiert Andrea von Lucke. In anderen Geschäftsbereichen sei das völlig undenkbar, betont sie. Im Fall ihrer Tochter Judith ist die Absage besonders ärgerlich: „Weil wir zu spät auf offiziellem Weg informiert wurden und in der Zwischenzeit niemand Offizielles mit dem Zweitwunsch, dem Georg-Büchner-Gymnasium, Kontakt aufgenommen hatte, muss Judith nun auf die Kurt-Schumacher-Schule – obwohl das weder Erst- noch Zweitwahl war“, erklärt Ehemann Sebastian von Lucke.

Die Informationspolitik sowohl von Grundschule als auch von Augustinerschule und Schulamt sei völlig mangelhaft gewesen.

Der Ärger ist groß – nicht nur, weil sich die befreundeten Eltern gewünscht hätten, dass ihre Kinder nach Friedberg wechseln dürfen. „Das eigentlich Schlimme ist, dass wir Eltern in diesem ganzen Prozess bewusst im Unklaren gelassen wurden“, sagen sie unisono.

Getrennte Freunde

Der Unmut der Eltern kommt sowohl bei Rektor Göbler als auch beim Staatlichen Schulamt für Hochtaunus- und Wetteraukreis an. Die drei betroffenen Eltern der 4 b haben bereits individuell Widerspruch eingelegt. „Aber auch auf diese Möglichkeit wurden wir zum Beispiel gar nicht hingewiesen“, merkt Andrea von Lucke an. Vize-Amtsleiter André Linhart kann den Ärger verstehen, stuft die Karbener Fälle jedoch eher als Einzelschicksale ein. Denn für gewöhnlich sei das Losverfahren das unglücklichste Verfahren, erklärt er auf Anfrage.

„Daher sind andere Wege immer vorzuziehen, damit etwa viele Klassenverbünde und Kontakte aus der Grundschule aufrechterhalten werden können“, sagt Linhart. Ziel sei es, den Kindern möglichst viele soziale Kontakte zu erhalten.

Dass dies etwa bei Leni Müller nicht der Fall sein wird, sei unglücklich, durch die offizielle Regelung aber nicht zu verhindern. Die Neunjährige will etwa auch auf die „August“, weil ihre beste Freundin Anna dort unterrichtet werden wird – sie hat bereits ein Geschwisterkind auf der Schule. Oder Klassenkamerad Ebbo Erfert: Er hatte sich nicht nur auf seinen Freund Erik, sondern als passionierter Schlagzeuger auch auf die Bigband der Friedberger Schule gefreut.

Bei den Eltern mischt sich in diesen Tagen neben die Wut Traurigkeit, weil die eigenen Kinder enttäuscht sind. Hinzu kommt aber auch Sorge, was die Qualität der Ausbildung angeht. „Es ist kein Geheimnis, dass es qualitative Unterschiede gibt“, sagt Sebastian von Lucke. Seine Tochter etwa freue sich auch wegen des Mathematikschwerpunkts auf die Augustinerschule. „Außerdem sind an der Augustinerschule etwa drei Fremdsprachen garantiert, bei der Kurt-Schumacher-Schule sind es nur zwei, optional drei“, sagt seine Frau. Darüber hinaus, kritisieren sie, werde ihrem Kind „allein aufgrund unseres Wohnortes“ der Zugang zum reinen Gymnasium verweigert. „Sie werden zum Besuch der Gesamtschule genötigt – obwohl es anders angekündigt war -, auch wenn sie eine uneingeschränkte Gymnasialempfehlung haben“, so Andrea von Lucke.

ASF-Rektor Göbler hingegen plädiert dafür, die Arbeit anderer Schulen nicht in ein falsches Licht zu rücken. „Natürlich ehrt mich der Zuspruch für die Augustinerschule. Aber auch in Karben gibt es einen Gymnasialzweig, der gute Arbeit leistet – das darf nicht verkannt werden“, warnt er.

Die Karbener Eltern wollen die Zweitwahl jedoch nur im absoluten Notfall akzeptieren. Sie warten nun gespannt auf eine Rückmeldung auf ihren Widerspruch – in Kürze soll dieser pünktlich zum Schuljahresende eintreffen.