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Klagen über Lärm und Ruß – Verkehrstechnischer Ausbau des Stockheimer Lieschens hält nicht mit dem aktuellem Stand Schritt

Bad Vilbel. „Man kann hier nur noch nach Fahrplan lüften“, bedauert Gerhard Bänder. Vor neun Jahren bezog das Ehepaar Bänder seine schmucke Eigentumswohnung in der Gronauer Bachwiesenstraße. Die Wohnung im Erdgeschoss liegt in einem der Häuser, die auf dem ehemaligen Bahn- und späteren Gelände des Bauzentrums Maeusel errichtet wurden. Das Grundstück grenzt direkt an den Bahnsteig an. Die unmittelbare Nachbarschaft der Gleise und der Zugverkehr auf der Niddertalbahn zwischen Bad Vilbel und Stockheim stört das Ehepaar generell nicht. „Wir sind nicht gegen die Abschaffung der Eisenbahn und auch nicht gegen die Ausweitung des Fahrplans infolge der Modernisierung der Niddertalbahn. Was uns massiv stört ist der Lärmpegel und der Rußausstoß, den die eingesetzten, technisch veralteten Dieselloks verursachen. Wie auch das Quietschen der Bremsen an den alten Wagen“, sagt Gerhard Bänder. Seine Frau Eva fügt hinzu: „Wir können seit dem Fahrplanausbau des „Stockheimer Lieschens“ am Wochenende keinen Besuch mehr empfangen und auch nicht mehr auf unserer schönen Terrasse sitzen.“ Besonders ärgerlich finden die Anwohner entlang der Bahnlinie, dass außerhalb des Berufsverkehrs und an Wochenenden Lärm- und Geruchsbelästigung durch die betagten Diesellokomotiven vor den „Geisterzügen“ verursacht wird. Sie befragten alle Bewohner in den 91 Wohnungen der Anlage in der Bachwiesen- und Neuen Straße.

Mit ihrem Anliegen sich für Änderungen bei der Niddertalbahn einzusetzen, stießen die Bänders auf volle Zustimmung. „Bis auf drei Nachbarn haben sich alle in unsere Unterschriftenliste eingetragen. Wir dehnen unsere Aktion jetzt auf alle entlang der Bahnstrecke liegenden Wohngebiete in Gronau aus. Beim Metzger und Bäcker dürfen wir ebenfalls Listen auslegen, da auch Gronauer, die etwas entfernt von der Bahnlinie wohnen, sich durch den Lärm und die Warnsignale der Lok belästigt fühlen.“

Die Bänders und mit ihnen alle Anwohner in Gronau entlang der Bahnstrecke wünschen sich den Einsatz von modernen Triebwagen auf der Strecke. „Zumindest am Wochenende und in Zeiten mit geringem Fahrgastaufkommen sollte ein Schienenbus oder vergleichbare umweltfreundliche Lokomotiven mit geringerem Schadstoffausstoß und weniger Lärmbelastung sowie moderne Waggons zum Einsatz kommen.“

Derzeit setzt die Deutsche Bahn auf der Niddertalbahnstrecke vierachsige Dieselloks der Baureihe V218 mit Doppelstockwagen ein. Diese Lokomotiven haben 2700 PS und erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 140 km/h. Sie wurden von 1971 bis 1979 von Krupp gebaut und bringen ein stolzes Gewicht von 79,5 Tonnen auf die Gleise. Der Kraftstoffverbrauch liegt bei 400 Litern auf 100 km. Ebenfalls auf der Strecke unterwegs sind die sparsameren und leiseren 77 Tonnen schwere Züge der Baureihe 628, die von der DB ab 1986 in Dienst gesellt wurden. Bei ihnen handelt es sich um zweiteilige Nahverkehrsdieseltriebwagen mit vier doppelachsigen Drehgestellen. Sie verfügen über 660 PS starke Motoren mit Abgasturboaufladung und Ladeluftkühlung. Diese erreichen eine Geschwindigkeit von maximal 120 km/h. „Diese Dieselloks erzeugen eine enorme Rußbelastung, einen hohen Feinstaubausstoß und eine enorme weit hin hörbare Lärmbelastung durch quietschende Bremsen und lautes Heulen von Motor und Turbolader beim Anfahren.“

Für die Anwohner der Niddertalbahnstrecke in Gronaus stellt sich die Frage, warum diese überdimensionierten Dieselloks mit doppelstöckigen Waggons auch noch am Wochenende und in den Abendstunden eingesetzt werden, obwohl es keinen Bedarf dafür gibt, wie das geringe Fahrgastaufkommen belegt.

Gerhard Bänder hat sich jetzt im Namen der Anwohner schriftlich an Bürgermeister Dr. Thomas Stöhr (CDU) gewandt. In ihrem Schreiben unter der Überschrift „Umweltbelastung und Belästigung der Bürger, Verschwendung von öffentlichen Geldern durch den neuen Fahrplan der Niddertalbahn – Mai 2008“ begründeten sie ihren Protest ausführlich. Grundsätzlich begrüßen sie die verbesserte verkehrstechnische Anbindung des Niddertales seit der Modernisierung und der Fahrplanerweiterung im Mai 2008. Sie bemängeln jedoch, das die Bahn versäumte „die technische Ausstattung des eingesetzten Rollmaterials den Anforderungen der Umweltbelastung und der Lärmbelästigung sowie den tatsächlichen Fahrgastkapazitäten anzupassen“. Sie appellieren an den Rathauschef, sich für den Einsatz geräuschgedämpfter, schadstoffarmer, moderner Loks und sehr leisen Triebwagen einzusetzen. „Diese modernen Fahrzeuge verursachen weniger Lärm, geringere Abgase und verbrauchen wesentlich weniger Energie und würden somit die Belästigung der Anwohner stark reduzieren.“

Der Bedarf an Zügen werde von den Gemeinden an den Wetterau- und Main Kinzig Kreis gemeldet, die diese Infos an die DB weitergeben. „Spätestens 2010 könnte eine generelle Änderung eintreten. Dann wird die Bahnlinie neu ausgeschrieben. Vielleicht können Privatbahnen das, was die DB offensichtlich nicht kann“, sagt Bänder. Seinen Informationen zufolge beschweren sich alle Anrainer entlang der Strecke über die gleichen Probleme.

Der Gronauer Ortsvorsteher Karl Peter Schäfer (CDU) sicherte den Gronauer Bürgern seine Unterstützung zu. Auch bei der DB müsste das Anliegen der Anwohner auf Gehör treffen. Diese startete 2002 das Vorhaben „Energiesparendes Fahren“ um Strom- und Dieselverbrauch und damit Kosten zu sparen und den CO2-Ausstoß durch technische Weiterentwicklungen zu minimieren.