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Kriegsflüchtlinge aufnehmen

Sie wollen gemeinsam helfen und haben Zimmer in der Oberburg hergerichtet: Ina Lauster-Ulrich, Guido Rahn, Hartmut Polzer, Ulrike Loos und Werner Giesler (von links). Foto: Schenk
Sie wollen gemeinsam helfen und haben Zimmer in der Oberburg hergerichtet: Ina Lauster-Ulrich, Guido Rahn, Hartmut Polzer, Ulrike Loos und Werner Giesler (von links). Foto: Schenk

Karben. Die Stadt bereitet sich auf die Ankunft von Kriegsvertriebenen aus der Ukraine vor. Eine Welle der Hilfsbereitschaft geht durch die Stadtteile. Es werden Helfende gesucht, die sich um die Geflüchteten kümmern.
Das Doppelbett ist frisch bezogen. Auf der Anrichte liegen stapelweise Handtücher und FFP2-Schutzmasken. Das Gästezimmer in der Burg-Gräfenröder Oberburg dürfte für zwei Familien reichen. Ukrainische Kriegsflüchtlinge, in der Regel Frauen mit ihren Kindern, sollen in den ersten Tagen und Nächten nach ihrer Ankunft dort untergebracht werden. Philipp Freiherr von Leonhardi hat dazu einen Teil seiner Wohnung zur Verfügung gestellt.
Noch weiß niemand genau, wie viele Flüchtlinge nach Karben kommen werden. Umso dringlicher wird in den sozialen Institutionen an einem Konzept gearbeitet. Man möchte auf alles vorbereitet sein, sagen die Verantwortlichen. Stadt, Kirche und Flüchtlingshilfe stehen in ständigem Austausch und wollen ihre Kooperation noch weiter intensivieren. Zusätzlich schwappt eine ungeahnte Welle der Hilfsbereitschaft durch die sieben Stadtteile.
Bei Verwandten
untergekommen

Während eines Ortstermins in Burg-Gräfenrode berichtet Werner Giesler von seinen aktuellen Erfahrungen. »Wenn ich in Klein-Karben unterwegs bin, sprechen mich ganz oft Einwohner an«, sagt der pensionierte Pfarrer. »Viele wollen den Geflüchteten helfen und würden einzelne Familien sogar bei sich aufnehmen. Derzeit funktioniert das größtenteils noch über verwandtschaftliche Verbindungen.« Etwa zehn Personen seien bis jetzt in Karben privat aufgenommen worden, teilt der ehrenamtliche Flüchtlingshelfer mit. Aber man habe sogar schon wegen der Unterbringung einer zwanzigköpfigen Kindergruppe bei ihm nachgefragt.
Die Kapazität in der Oberburg ist eher als vorübergehende Notfalllösung geplant. Im Vordergrund stehen in diesem Fall schnelle und unbürokratische Hilfeleistungen für Menschen, die nachts oder an den Wochenenden in Karben ankommen. Entstanden ist die Initiative schon bald nach Kriegsbeginn unter der Federführung der evangelischen Gesamtkirchengemeinde Karben.
»Wir wollen den Menschen damit eine erste Anlaufstation bieten, wenn das Rathaus geschlossen ist«, erläutert die Vorstandsvorsitzende der Gesamtkirchengemeinde, Ina Lauster-Ulrich. »Ein Gemeindemitglied hat sich sogar bereit erklärt, Neuankömmlinge jederzeit vom Bahnhof abzuholen und in die Unterkunft einzuweisen.« Die Frage wird aber sein: Wie soll es danach weitergehen? Bürgermeister Guido Rahn (CDU) versprach ein unbürokratisches Entgegenkommen seitens der Stadt.
Nicht nur innerhalb Karbens, sondern auch auf Kreisebene habe die gemeinsame Koordinierung begonnen. »Auf unserer Homepage werden alle Hilfsmöglichkeiten verlinkt, eine Arbeitsgruppe wurde gebildet«, gibt Rahn bekannt.
»Nach ihrer Ankunft können die Flüchtlinge nicht nur in ihren Unterkünften bleiben. Sie müssen integriert werden. Die Kinder sollen Kitas und Schulen besuchen. Dazu brauchen wir entsprechende Pädagogen und eine Zusammenarbeit aller offiziellen Stellen.«
In Karben ist man jetzt auf der Suche nach einem adäquaten Unterbringungsort für noch mehr Vertriebene. Und das womöglich für viele Monate. Ulrike Loos von der Flüchtlingshilfe bringt als eine Möglichkeit das Pfadfinderlager Lilienwald ins Gespräch. Das Gelände der »Grauen Adler« in Petterweil sei groß. Bürgermeister Rahn möchte diesbezüglich mit den Pfadfindern zeitnah in Kontakt treten. Auch der Gründer der Karbener Stolperstein-Initiative, Hartmut Polzer, begrüßt den Vorschlag.
Alle Helfenden sind überzeugt, dass die Integration gelingen kann. Immerhin handele es sich bei den meisten Ankommenden um gut ausgebildete Fachkräfte, sagen sie. »Diese Menschen werden auch bei uns in Arbeit kommen können«, glaubt Ulrike Loos.
Ganz dringend benötige man jetzt Leute, die sich mit den Flüchtlingen in deren Muttersprache unterhalten könnten. Von Jürgen Schenk

Große Spendenbereitschaft
Die Spendenbereitschaft hierzulande erreicht schon jetzt ein kaum gekanntes Ausmaß. Ulrike Loos rät im Moment zu finanziellen Spenden. Hygieneartikel des täglichen Bedarfs seien eine weitere Möglichkeit. Sie müssten in einen Karton verpackt und mit Inhaltsangabe beschriftet werden.
Ganz wichtig: Unter der Rufnummer 01 51/12 10 81 60 kann Kontakt zur Karbener Hilfsgemeinschaft hergestellt werden. Diese Nummer sollte jedoch nur in Notfällen gewählt werden, zum Beispiel wenn Geflüchtete nachts am Bahnhof stehen. Erster Ansprechpartner bleibt die Stadt Karben. (jüs)