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Mediathekbrücke unter der Lupe – Prof. Dr. jur. Karl-Joachim Schmelz nimmt die Mediathekbrücke unter die Lupe

Bad Vilbel. Wie man bei der ersten „Beratung“ der Stadtverordneten über das Bürgerbegehren gegen die Errichtung einer Mediathek auf einer Nidda-Brücke beim Kurhaus habe feststellen können, wolle die Vilbeler CDU „wieder einmal mit dem Kopf durch die Wand“ und profiliere sich so als Wiederholungstäter, urteilt Prof. Dr. jur. Karl-Joachim Schmelz, streitbarer Geist und ehemaliger SPD-Vorsitzender von Bad Vilbel, in einer umfangreichen Betrachtung des Vorganges. Dabei berufe sich die CDU erneut auf Sachzwänge. Das müssen wir so machen, das geht gar nicht anders, heißt es. Ist das aber auch so, fragte Schmelz wenige Tage vor Bekanntgabe des Rechtsgutachtens des Hessischen Städte- und Gemeindebundes (HSGB).

Das Projekt „Neue Mitte“ habe sich „offensichtlich marktwirtschaftlich nicht realisieren“ lassen, bilanziert er. Jahrelang habe sich kein Investor gemeldet, der begierig darauf gewesen wäre, im Zentrum Vilbels zu investieren. „Das wird seine Gründe haben“, spekuliert Schmelz. Investoren untersuchen Standorte sehr genau und die Zeiten seien ohnehin nicht rosig. Also müsse die Sache „politisch gestemmt“ werden. „Und siehe da, es findet sich natürlich auch ein Gönner und ein Verein mit einem tollen Namen, der sich für das Wohl Vilbels aufopfert.

Dass es sich bei diesem Verein um ein durch den Namen getarntes „Steuersparmodell‘ handelt, dessen Investitionen sich allenfalls über die Beteiligung des Finanzamtes rechnen, verschweigt man geflissentlich“, sagt Schmelz und verweist auf die Möglichkeiten der steuerlichen Verlustabschreibungen und der Verrechnung der Verluste mit anderen Gewinnen, und zwar für den „Letztinvestor“, nicht für die Stiftung, präzisierte er auf Nachfrage.

„Solche Steuerspar-Ruinen stehen überall in der Republik und auch Bad Vilbel wird möglicherweise eine solche Zierde mitten in der Stadt vorzeigen können. Ob Herr Utter das bedacht hat, als er die Bedeutung der „Neuen Mitte‘ für Bad Vilbel mit der Bedeutung des Eiffelturms für Paris verglich“, fragt Schmelz in Richtung des CDU-Vorsitzenden Tobias Utter.

Die Marktwirtschafts-Parteien CDU und FDP predigen doch sonst allenthalben, nicht nur in ihren Sonntagsreden, dass der Staat, in diesem Fall die Stadt, sich aus der Wirtschaft heraushalten soll, weil man davon nichts verstehe. Das sei manchmal sogar richtig, räumt Schmelz ein, doch „aus anderen Gründen“. Jeder Kapitalanlageberater wisse, dass eine Investition, die sich nur „über die Steuer rechnet“, hochriskant und in der Regel zum Scheitern verurteilt sei. Die „steuerlichen Anreize“ führen häufig zu einer „Fehlallokation des Kapitals oder einfacher: Sie locken Geld dahin, wo es der Markt nicht hingeben würde. Solche Investitionen müssen in der Regel irgendwann mit weiteren Steuergeldern ,gerettet‘ werden. Auch das Zentrum der Stadt Bad Vilbel ist „systemisch relevant’“, warnt er.

Die Struktur des Projektes, „eine Vermischung von Kommunalpolitik und privaten Investoren“, führe aber zu weiteren Problemen, ist er überzeugt. Die Stadt habe die Grundstücke gekauft, wolle und könne aber die „Neue Mitte“ nicht in Eigenregie errichten und betreiben. Also verkauft sie die Grundstücke an einen privaten Investor mit der Auflage, dort bestimmte Vorhaben zu errichten. Von der Größenordnung her unterliegt ein solches kommunales Vorhaben den EU-Vergabebestimmungen und einer öffentlichen Ausschreibung. Das Projekt sei gezielt so gestrickt, dass die Vergabebestimmungen umgangen und unterlaufen werden. „Das geht in der Regel schief“, meint Schmelz, wenn die EU-Kommission davon erfahre. Nicht zuletzt wäre es auch Sache der Kommunalaufsicht, dieses Problem sorgfältig zu prüfen.

Dass das Bürgerbegehren gegen die Mediathekbrücke unzulässig sein könnte, weil nicht zugleich der Bebauungsplan angegriffen worden sei, das hält Schmelz nur für einen „frommen Wunsch der CDU-Fraktion“. Nach Auffassung des Juristen Prof. Dr. Karl-Joachim Schmelz sei die CDU-Mehrheit am 12. Januar, als sie den Antrag ablehnte, den mit dem Bürgerbegehren angegriffenen Beschluss aufzuheben, „strategisch schlecht beraten“ gewesen.