
Bad Vilbel. Es riecht nach Popcorn und eine große Leinwand ist ausgerollt – es ist Filmabend im Freizeitzentrum Efzet. Doch es ist kein gewöhnlicher Kinoabend, denn die Flüchtlingshilfe Bad Vilbel lädt zu einem ganz besonderen Film ein: In »Angekommen« berichten fünf Geflüchtete von ihren Erfahrungen.
Den Film geplant und gedreht haben Alexander Klett, ehrenamtlicher Mitarbeiter, Minas Mandt, Vorstand, und Yohannes Shibru, Assistent, vom Flüchtlingshilfeverein Bad Vilbel. Minas Mandt, der den Abend eröffnete, skizzierte Ziele des Vereins: humanitäre Hilfe leisten und integrative Projekte anstoßen. In diesem Rahmen entstand der Film »Ankommen«.
Alle fünf haben
mittlerweile Arbeit
Es werde meist nur über geflüchtete Menschen gesprochen und selten mit ihnen, so Alexander Klett. Das wolle der Verein mit dem Film ändern und gleichzeitig gegen die Vorurteile angehen, kein Geflüchteter wolle sich integrieren, sondern das Sozialsystem ausnutzen. Zu Wort kommen also Abdallah, Kamal und Ann, Sadiq und Ali, die vor fast zehn Jahren aus Syrien, Afghanistan, Kenia, Eritrea und Äthiopien nach Bad Vilbel gekommen sind.
Einsam sei es anfangs gewesen, berichten sie, und beengt in den Gemeinschaftsunterkünften, wo zudem viele verschiedene Sprachen gesprochen wurden, was die Fremdheit noch verstärkte. Hinzu kam die Unsicherheit wegen der Aufenthaltserlaubnis – dürfen sie bleiben oder müssen sie das Land wieder verlassen?
Da einem der Geflüchteten die Abschiebung droht, geht er ins Kirchenasyl, wo er viel Unterstützung der Gemeinde bekommt. Auch die anderen berichten, wie ihnen ehrenamtlich Engagierte in der Anfangszeit helfen.
Die gemeinsamen Anstrengungen sind erfolgreich, denn alle fünf können heute von ihrer Arbeit berichten, die sie gefunden haben. Sadiq etwa ist Produktionshelfer in einem Blechbearbeitungsbetrieb in Okarben, wo ihm sein Chef auch eine Wohnung organisiert hat. Ann arbeitete erst im DHL-Lager in Obertshausen, machte dann aber eine Ausbildung in der Altenpflege. »Ich wollte auch mit dem Kopf arbeiten«, sagt sie. Das tut sie inzwischen, denn sie ist Altenpflegerin im Seniorenheim in Dortelweil. Abdallah, der in Syrien schon als Arzt arbeitete, ist nun Stationsarzt in einer Klinik in Bad Homburg, und Ali freut sich, als Bäcker arbeiten zu können: »Das ist für mich einfach, das habe ich schon in meiner Heimat gemacht«. Kamal war zunächst bei einem Autozulieferer in Karben tätig und macht zurzeit eine Weiterbildung in Rosbach. Bei der Wohnungssuche hatten nicht alle so viel Glück wie Sadiq. »Es war richtig schwer«, sagt Kamal und auch Ann berichtet von vielen Absagen. »In Bad Vilbel gibt es keine günstigen Wohnungen«, stellen sie fest. Ohne Wohnung ist die Familienzusammenführung schwer. »Schritt für Schritt ins neue Leben« sei er gegangen, erzählt Abdallah, der nach zehn Monaten seine Frau und seine Kinder aus Aleppo nachholen konnte. Bei Kamal dauerte es sogar fünf Jahre. Auch Ann lebte lange ohne ihre Kinder hier, doch jetzt sind sie endlich da, gehen zur Schule und »müssen richtig gut Deutsch lernen«, wie sie sagt.
Geflüchtete
dankbar für Hilfe
»Gesundheit, auch für die Familie«, lautet die einhellige Antwort der Fünf auf die Frage nach ihren Wünschen. Ein Leben ohne den bisherigen Stress führen, gesund bleiben, um weiterhin arbeiten zu können, denn »ich will kein Geld vom Staat«, bringt es einer der Geflüchteten auf den Punkt. Sie schätzen die Demokratie, in der sie nun leben, und sind dankbar für die Hilfe und die Unterstützung, die sie erfahren haben – vom Flüchtlingshilfeverein, Deutschlehrenden und Ehrenamtlichen. Aber sie selbst haben auch viel dazu beigetragen, sich zu integrieren, denn »man muss Lust dazu haben und kämpfen«. Und auf die Unterstützung von Behörden, Kommunen und der Zivilgesellschaft bauen.
»Der Film ist richtig gut gemacht, viel mehr Menschen sollten ihn sehen, denn er leistet gute Aufklärungsarbeit«, fasst eine Zuschauerin zusammen.
Die Veranstaltung fand im Rahmen der Initiative »Bad Vilbel steht auf für Demokratie und Vielfalt« statt, in der verschiedene Organisationen für ein weltoffenes, gerechtes und soziales Bad Vilbel einstehen. Sie wird gefördert vom Wetteraukreis aus dem Programm »Demokratie leben!« des Bundesfamilienministeriums und kofinanziert vom Land Hessen.
Informationen zum Verein »Willkommen in Bad Vilbel« sind auf https://
fluechtlingshilfe-badvilbel.de zu finden.
Von Christiane Kauer