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Mutterliebe

Daniela Friesenhahn hat drei Töchter. Die Mädchen sind verschieden, so wie alle Kinder unterschiedlich sind. Eines unterscheidet sich aber etwas mehr. Das jüngste der Mädchen, Elisa, ist körperlich und geistig schwerstbehindert. Elisas Mutter Daniela Friesenhahn pflegt die 23-Jährige seit ihrer Geburt. Im Haus der Begegnung leitete sie viele Jahre ein Gesprächskreis für Eltern behinderter Kinder. Für ihr Engagement wurde sie am 26. September mit der Pflegemedaille des Landes Hessen geehrt.

Bad Vilbel. „Ich war ganz überrascht, als ich hörte, dass mich Frau Lotz von der Nachbarschaftshilfe vorgeschlagen hat. Es ist doch selbstverständlich was ich tue“, sagt Daniela Friesenhahn bescheiden. Bescheidenheit, eine Sache, die sie durch die Krankheit ihrer Tochter gelernt habe. Ihre dritte Tochter Elisa wurde nicht behindert geboren, die ersten Untersuchungen nach der Geburt verliefen scheinbar alle gut. „Ich hatte aber so ein Gefühl, dass nicht alles in Ordnung ist. Die Ärzte haben mich nur als hysterische Mutter abgetan.“

Schlimme Folgen

Sie sollte recht behalten. Erst als Elisa ein viertel Jahr alt war, wurde festgestellt, dass sie einen Virus in sich trug. Da sie bis dato als gesund galt, wurde sie wie jedes Baby geimpft. Mit verheerenden Folgen: Daraus entstand eine Hirnentzündung, mit der Elisa über zwei Jahre zu kämpfen hatte und die Grund für ihre Behinderung ist. „Die Ärzte bescheinigten ihr eine Lebenserwartung von maximal drei bis vier Jahren. Das war vor über 20 Jahren. Lieschen lebt immer noch. Sie ist ein kleines Stehaufmännchen.“ Sie werde oft gefragt, was Elisa denn noch tun könne. Sehen kann sie kaum noch, auch wie viel sie noch hört, weiß niemand. Das Greifen von Gegenständen fiel ihr schon immer schwer. Aber sie kann atmen, hat Freude an Musik und kleinen Berührungen und kuschelt gerne, erzählt ihre Mutter. „Wenn man sich seit Jahren jeden Tag so mit dem Tod befasst, dann lebt man sehr viel bewusster, ist dankbar für Kleinigkeiten“, beschreibt Friesenhahn ihre Lebenseinstellung. Die ersten Jahre in Elisas Leben war sie nicht so gefasst. „Ich war verbittert, verzweifelt und habe, nach dem Warum gefragt.“ Heute sagt sie, dass es keinen Sinn mache, danach zu fragen. Oft habe sie gehört, dass Elisa nur noch ein Jahr zu leben hätte. Leben tut sie noch immer. Selbst beim Public-Viewing in Frankfurt während der Fußball-Europameisterschaft war sie dabei, hatte Deutschland-Fähnchen am Rollstuhl und auf das Gesicht gemalt. Ihre Pflege ist aufwendig und nimmt fast den ganzen Tag ein. Waschen, füttern, Windeln wechseln, Bewegungstherapie. Trotzdem hat Friesenhahn acht Jahre lang den Gesprächskreis für Eltern mit behinderten Kindern geleitet. Ein Austausch untereinander sei wichtig, betont sie.

Anderen Mut machen

Sie wolle anderen Eltern Mut machen, Kraft geben. Aber auch ihr tue die Anerkennung und das Verständnis gut. Schlechte Erfahrungen habe sie zum Glück nie machen müssen, auch nicht mit fremden Menschen. Regelmäßig ärgert sie sich nur über die Krankenkassen. Sie würden zu viel streichen, selbst grundlegende Dinge nicht bezahlen, moniert sie. Wenn es Elisa gut gehe, sei sie eine Bereicherung im Leben. „Wenn sie einmal geht, wird das sicher nicht leicht. Aber wir konnten uns lange genug darauf vorbereiten und haben unser Bestes gegeben.“ Die Auszeichnung, sagt sie, sehe sie nicht als Anerkennung nur für sich. „Meine ganze Familie unterstützt mich, wo sie kann und gibt mir großen Rückhalt. Ihr gilt diese Auszeichnung genauso wie mir“, sagt Friesenhahn.