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Nasen in der Nidda

Die Nase, eine einst an der Nidda heimische Weißfischart, ist zurückgekehrt. Für den Gewässerökologen Gottfried Lehr ein Beweis für den Erfolg der Nidda-Renaturierung. Aber auch die Frankfurter leisteten ihren Beitrag, indem sie den Fluss durch Absenken von sechs Wehren barrierefrei machten.

Bad Vilbel. Auf der renaturierten Nidda vor dem Vilbeler Hallenbad sieht man deutlich einen Strudel. Dort hat Lehr vor Tagen ausgewachsene Exemplare der Weißfischart fotografiert. Gestern waren sie nicht zu sehen – aber dafür zwei Kormorane, die Freßfeinde der Nasen. Dass die Fische wieder heimisch geworden sind, darauf haben er und die Mitglieder der IG Nidda seit 1991 gewartet. Wegen der Kanalisierung, Verschmutzung und Aufstauung der Nidda war diese Weißfischart bis in die Achtzigerjahre ausgestorben.

400 Kilogramm Fisch

Die IG, ein Zusammenschluss von 18 Angelvereinen zwischen Nidda und Höchst, initiierte 1991 mit Geldspenden der Hassia, dass vierhundert Kilo laichfähige Nasen ausgesetzt wurden. In den Folgejahren wurden weitere 250000 Nasenbrütlinge und 40000 einjährige Jungfische ausgesetzt. Als 1995 der Erlenbach renaturiert wurde, nutzten die Nasen den Seitenzufluss als Laichgewässer.

Aber es gab ein Problem: Durch die Aufstauung der Nidda in Frankfurt war die Wanderung nur stromabwärts möglich. So konnten die Fische im Frühjahr nicht mehr zu den Laichplätzen gelangen. Erst vor zwei Jahren wurde die Nidda barrierefrei, denn das Frankfurter Stadtentwässerungsamt ließ im Frühjahr und Herbst jeweils für drei Wochen die sechs Wehre nacheinander absenken – immerhin gibt es dort Höhenunterschiede von zwei Metern. Seither können Wanderfischarten wie Meerforelle, Barbe und Nase den Weg flussaufwärts aus dem Main zu den Laichgründen in der Nidda oberhalb von Frankfurt erreichen.„Das war der Durchbruch“, freut sich Lehr. Mit den Nasen, Barben, Elritzen und Koppen seien inzwischen wieder alle klassischen Nidda-Fische, bis auf den Lachs, zurückgekehrt. Das sei, so Lehr, ein Indikator für die Gewässergüte.

Vortrag in Zürich

Auf renaturierten Flussläufen wie vor dem Hallenbad, vor allem aber am Gronauer Nidda-Knie, fänden die Fische ursprüngliche Lebensräume vor, schildert Lehr. Den ganzen Jahreszyklus können Fischarten wie die Nase dort verbringen: mit Stromschnellen und Kies zum Ablaichen, ufernahen Stillwasserzonen für die Aufzucht der Jungtiere und Altarmen als Winterquartier. Die Renaturierung der Nidda und die Rückkehr der Nasen stellt Gottfried Lehr in wenigen Tagen auch als beispielhaftes Projekt auf einem Symposium des World Wide Fund For Nature (WWF) in Zürich vor.

Seit es die Wehr-Barrieren nicht mehr gibt, können die Fische von Eschersheim bis hinauf nach Florstadt-Staden oder Usingen schwimmen und dort Refugien finden. „Man kann nicht einfach nur Fische reintun“, findet Lehr, „es geht auch um Lebensräume“. Ganz entscheidend dort seien Strukturvielfalt und lange Fließgewässer.

Fisch gehört hierher

„Der Fisch zeigt, er gehört hier rein“, kommentiert Marco Weller, der erste Vorsitzende der IG Nidda, die jetzt ermöglichte Wanderung der Nasen. „Es ist kein Besatz-Fisch“, der einfach nur ausgesetzt werde. Sechs Wehre gibt es auf dem Frankfurter Teil der Nidda. Das Höchster, so Weller, sei faktisch schon rückgebaut, in Rödelheim wurde eine Umgehungsrinne angelegt. Doch weitere Wehre stehen in Eschersheim, Rödelheim, Praunheim und Hausen. Die umzubauen, koste eine siebenstellige Summe, schätzt Weller. Andererseits gibt es für den Rückbau auch Öko-Punkte. Die kann sich die Stadt Frankfurt dann beispielsweise für den viergleisigen Ausbau der S-Bahn anrechnen lassen, wenn er erst einmal beginnt. (dd)