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Naturschutz am Erlenbach-Lehr: In den 60er Jahren hat man Nidda, Erlenbach und andere Gewässer misshandelt

Bad Vilbel. Peter Paul, grüner Stadtverordneter und Mitinitiator des Projekts Hochwasserschutz und Renaturierung des Erlenbachs, führte vergangene Woche eine Ortsbegehung am Massenheimer Erlenbach durch und erläuterte etwa fünfzig Bürgern den praktischen Teil der Maßnahme. Gottfried Lehr, Gewässerökologe und selbst ernannter „Flurschadensbereiniger“, ergänzte diese Ausführungen in einem theoretischen Teil, der am Sonntag im vollbesetzen Feuerwehrgerätehaus in Massenheim beim Frühschoppen der Massenheimer CDU stattfand. Hierzu hatte deren Vorsitzender Christian Große geladen hatte.

Lange geplant sei die von der hessischen Landesregierung bezuschusste Baumaßnahme schon gewesen und in vielen Ortsbeiratssitzungen diskutiert worden, doch trotz alledem zeigten sich viele Bürger davon überrascht, in welcher Geschwindigkeit die Firma aus Darmstadt bei der Abholzung des Baumbestandes am Erlenbach am Freitag vergangener Woche vorging. Wegen der Nist- und Brutzeiten der Vögel habe man keine Zeit mehr verstreichen lassen können und musste zügig vorangehen, um die Voraussetzungen zu schaffen, damit die Kombi-Maßnahme, Renaturierung und Hochwasserschutz beginnen kann.

„In den sechziger Jahren hat man die Nidda, den Erlenbach und andere Gewässer misshandelt, indem man sie begradigt hat. Aus Getreideäckern wurde Bauland und aus Wohnen am Fluss wurde mitunter Wohnen im Fluss“, beschreibt Lehr die Lage, die 1995 und 2003 durch das Hochwasser am Erlenbach entstand und den Bürgern, die in betroffenen Gebieten wohnen, zu schaffen machte.

„Nun müssen wir die Sünden von damals ausbaden und das gehe nicht ohne Tribut“, gibt der Gewässerökologe zu bedenken. Eine Renaturierung bedeute immer erst einmal einen Rieseneingriff in die Natur, „aber wir versuchen, ,minimal-intensiv“ zu arbeiten“, was bedeute, dass so viele Bäume wie nur möglich erhalten werden, so Lehr. Es würden neue Dämme geschaffen, das Gewässer aufgeweitet, das Flussbett verbreitert, so dass Kinder am Ufer des Baches spielen und Fische wieder laichen können. „Eine Verwallung wird vorgenommen und der Weg an einigen Stellen erhöht und verlegt“, so Lehr.

Zudem wurde eine Einigung mit der Feuerwehr erzielt, dass vom Wiesenplatz, den die Feuerwehr nutzt und auf dem die Oldtimer-Ausstellung alljährlich stattfindet, nur ein Teil der ursprünglichen Planung umgesetzt wird und der Platz zur bisherigen Nutzung erhalten bliebe mit der Zugabe eines kleinen Teiches. Der Steg, der über den Fluss führt, werde 30 bis 40 Zentimeter höher gelegt, so dass er kein Wasser des Baches mehr staue. Das Biotop an den Banngärten werde vergrößert und abgesenkt, habe dann Anschluss ans Grundwasser, was auch den Gestank im Sommer unterbinden würde. Die jetzt in dem Biotop lebenden Frösche würden zunächst einmal umgesiedelt. Der Spielplatz bleibe weitgehend erhalten und der Bolzplatz werde wegen der Flussausweitung geringfügig kleiner.

„Die größte Baumaßnahme wird zwischen Hainstraße und evangelischer Kita sein. Dort werden die Auen abgesenkt, um neuen Retentionsraum zu schaffen. Das pädagogische Potenzial für Kinder werde größer am renaturierten Fluss und im Mai wird es eine Bepflanzungsaktion speziell für Kinder geben. In zwei bis drei Jahren werde am Erlenbach alles Grün sein und manche Tierarten, die es jetzt nicht mehr dort gibt, würden zurückkehren, gab Lehr zu bedenken. Wenn alles glatt laufe, könne die Renaturierungsmaßnahme schon im Mai abgeschlossen sein. Die Uferlandschaft des Erlenbachs werde zum attraktiven Anziehungspunkt, versicherte Lehr.