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Nicht als Tabu betrachten

Zwei Bürgerinnen unterbrechen ihren Einkaufsbummel, um sich von Anne Thylmann, Margit Wiegand, Renate Brinkmann und Isolde Paul (von links) über die Arbeit der Hospizgruppe informieren zu lassen. Foto: Fauerbach
Zwei Bürgerinnen unterbrechen ihren Einkaufsbummel, um sich von Anne Thylmann, Margit Wiegand, Renate Brinkmann und Isolde Paul (von links) über die Arbeit der Hospizgruppe informieren zu lassen. Foto: Fauerbach

Bad Vilbel. Ein sonniger Herbsttag wie aus dem Bilderbuch lockte viele Bürgerinnen und Bürger am Samstag ins Freie. Viele nutzten die Gelegenheit, um auf dem Bad Vilbeler Wochenmarkt einzukaufen. Kaum jemand dachte inmitten des geschäftigen wie unterhaltsamen Markttreibens an den Welthospiztag.
Der Welthospiz- und Palliative-Care-Tag wird seit 2005 jährlich am zweiten Samstag im Oktober begangen. Den internationalen Gedenk- und Aktionstag nutzte die Hospizgruppe des Bad Vilbeler Nachbarschaftsvereins um mit Bürgern aller Generationen unverbindlich ins Gespräch zu kommen und diese auf die Gruppe und ihre Angebote aufmerksam zu machen.
Rund um ihren Stand hatten sie bunte »Stolpersteine« in Form von Informationsblättern ausgelegt. Darauf standen beispielsweise Worte wie »Leere«, »Wut«, Trauer«, Unfall«, »Palliativ« und »Tod«. Alles Themen, die Teil des Lebens sind, aber gern verdrängt werden. »Unser grundsätzliches Anliegen ist es, die Leute darüber zu informieren, dass es in Bad Vilbel eine Hospizgruppe mit gut ausgebildeten und vernetzten Mitgliedern gibt, die schwer kranke und sterbende Menschen und deren Angehörige zu Hause, im Heim oder im Krankenhaus begleiten«, sagt Margit Wiegand, Koordinatorin der Hospizgruppe. Gemeinsam mit Anne Thylmann, Renate Brinkmann und Isolde Paul nutzte sie die Gelegenheit, um mit den Menschen ins Gespräch zu kommen.
Den Tod als Teil
des Lebens begreifen

Die Themen waren vielfältig. Sie reichten von der Bedeutung des Begriffs Hospiz, der sich vom lateinischen Hospitium (Gastfreundschaft, Herberge) herleitet, über die Möglichkeiten von Hospizarbeit und Palliativversorgung bis zu Angeboten der physischen, psychischen, sozialen und spirituellen Begleitung und Versorgung im letzten Lebensstadium.
In diesem Stadium können sich Kinder, Teenager und Erwachsene ebenso befinden wie Senioren. Unfälle, Krankheit und Tod kennen keine Altersgrenze. Unterstützung bieten Angebote wie psychosoziale und palliative Beratung, Hilfen im Alltag, medizinisch-pflegerische Versorgung, die Erfüllung letzter Wünsche und Trost spenden. Auch Unterstützung und Betreuung von Angehörigen, Familie und Freunden bei der Trauerbegleitung ist möglich.
Wichtig sei es, dass die Menschen wieder lernen, den Tod als einen selbstverständlichen Teil des Lebens zu begreifen. Zum Leben bis zum letzten Atemzug gehöre es auch, Hospizarbeit zu enttabuisieren. Die Hospizbewegung engagiert sich für ein menschenwürdiges Sterben und eine Erneuerung der Kultur im Umgang mit dem Abschiednehmen und der Trauer. Ziele moderner Hospizarbeit seien es, Leiden und Ängste zu lindern, Lebensqualität und Würde sowie Normalität aufrechtzuerhalten und den erkrankten Menschen zu ermöglichen, ihren letzten Lebensabschnitt in angemessener Weise zu verbringen.
Neben den Informationen zu diesen Angeboten generell und vor Ort (»das ambulante Palliativteam Wetterau kommt auch nach Bad Vilbel«), wurden von Bürgern auch kontroverse Themen wie Sterbehilfe angesprochen. Das Team machte unter anderem junge Volljährige und Eltern darauf aufmerksam, wie wichtig Willenserklärungen seien. Dazu gehören Vorsorgevollmacht, Patientenverfügung und Betreuungsverfügung. »Wir empfehlen allen über 18 Jahre alten Bürgerinnen und Bürgern eine möglichst notariell beglaubigte Patientenverfügung zu machen«, sagte Wiegand.
Mitglieder der Hospizgruppe informieren die Menschen einmal im Monat samstags auf dem Wochenmarkt und bei Kälte in den Wintermonaten im Brunnen-Center. Informationen zur Hospizgruppe gibt es im Haus der Begegnung, telefonisch unter (0 61 01) 60 48 92, ein Termin für eine Beratung zu Willenserklärungen vereinbaren kann man telefonisch unter (0 61 01) 60 48 90 tun. Über beide Angebote gibt es zudem Informationen unter www.nachbarschaftshilfe-bv.de.
Von Christine Fauerbach