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Politische Bildung statt Populismus

Bühnenprogramm: Gottfried Lehr mit der Initiatorin und Gründerin der »Omas gegen Rechts« in der Wetterau, Angelika Ungerer. Foto: Ronaldo Amadeo Sasso
Bühnenprogramm: Gottfried Lehr mit der Initiatorin und Gründerin der »Omas gegen Rechts« in der Wetterau, Angelika Ungerer. Foto: Ronaldo Amadeo Sasso

Bad Vilbel. Kälte und Regen zum Trotz folgten am Freitagabend circa 80 Teilnehmer und Teilnehmerinnen dem Aufruf »Omas gegen Rechts Wetterau« und weiterer Partner und versammelten sich auf dem Niddaplatz in der Innenstadt. Ihr Anliegen: Demokratie stärken und schützen.
Gut gelaunt steht Angelika Ungerer, die Gründerin der Protestbewegung im Wetteraukreis zwischen weiteren Damen, die bereits fleißig den Stand mit zahlreichen gratis Merchandiseartikeln aufbauen. Seit 2018 ist Ungerer aktiv, seit die Erstarkung von rechten Kräften in Politik und Gesellschaft, der Rechtsruck deutlich spürbar geworden sei. Wenn sie könnte, so sagt sie, würde Ungerer sich ein Ende des Populismus und der Hetze wünschen und dass die Leute wieder miteinander anstatt übereinander reden. »Doch das setzt voraus, dass die AfD keine Bedeutung mehr hat, denn mit denen kann man nicht reden.«
Demokratie
neu ausgestalten

Während ihrer aktiven Zeit, erzählt Angelika Ungerer, habe sie gelernt, wie sich die Gesellschaft verändern könne. Bei dieser Kundgebung vor der Stadtbibliothek will sie eine Botschaft in den Vordergrund stellen: »Die Demokratie in Bad Vilbel ist stark!«
Dass die Demokratie an Stärke nicht eingebüßt hat, davon scheint Clemens Breest von den Grünen nicht so überzeugt zu sein. In seiner Rede, in der er auch das Grußwort des Magistrats ausspricht, fordert er dazu auf, die Demokratie für unsere Zeit neu auszugestalten. Den erstmal sehr vage erscheinenden Satz füllt Breest im anschließenden Gespräch mit dieser Zeitung mit zwei grundlegenden Ideen auf. Zum einen übt der Politiker Kritik am Parteiensystem, das aufgrund alter Konzepte Bedarf für Verbesserungen zeige. Die Parteien seien schlicht nicht offen für die Gesellschaft. Der zweite Aspekt stelle seiner Meinung nach die Weiterentwicklung von Bürgerbeteiligungen in Bürgerräten als beratendes Element dar.
Bedauern über geringe Wahlbeteiligung
Auf die erste Rede und ein Friedenslied folgt ein Beitrag der Antifaschistischen Bildungsinitiative. Der Vorsitzende des gemeinnützigen Vereins, Andreas Balser, legt zu Beginn seiner Rede ein ernüchterndes Zeugnis über die aktuelle Situation im Wetteraukreis ab.
Dann überlässt er seiner »jungen Kollegin« Sonja Romeis das Wort. Romeis warnt wie ihr Vorredner ebenfalls vor der »Gefahr von rechts«, macht dabei aber auch auf die fehlende Wahlbeteiligung von Erstwählern aufmerksam. Fast jeder zweite Erstwähler im vergangenen Jahr habe seine Stimme nicht abgegeben, erklärt die angehende Abiturientin. Deshalb fordere sie bessere politische Bildung an Schulen in Hessen. Ein positives Beispiel, welches sie nennt, kommt aus Bad Vilbel. Engagierte Lehrerinnen und Lehrer, so Romeis, böten am Georg-Büchner-Gymnasium eine freiwillige Fahrt ins KZ Auschwitz an, um an die Verbrechen der Nationalsozialisten zu erinnern.
Obwohl an der Kundgebung auch junge Menschen teilnehmen, hält sich deren Anteil gleichwohl in Grenzen. Sonja Romeis erklärt sich dieses Phänomen einerseits mit dem demographischen Wandel, andererseits mit dem zunehmenden Konservatismus gerade bei der Jugend.
Zum Ende der Kundgebung meldet sich noch ein Redner aus dem Publikum zu Wort. Es ist ein älterer Herr, der sich nach dem Erklimmen der von der Stadt bereitgestellten Bühne kurzfasst und knapp erklärt, dass er hoffe, der AfD-Politiker aus Thüringen, Björn Höcke, würde vor Gericht für die von ihm verwendete SA-Parole bestraft werden. So eine Parole zu verwenden sei schließlich gegen geltendes Recht, führt er dann noch aus und verlässt mit kurzem, aber lautem Applaus wieder die Bühne. Eine Meinung, die scheinbar von vielen im Publikum geteilt wird.
Von Ronaldo Amadeo Sasso