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Radler (3) rammt Auto, Eltern müssen zahlen

Bad Vilbel. Darf ein noch nicht ganz vierjähriger Knabe bereits unbeaufsichtigt mit dem Fahrrad durch eine Spielstraße fahren?

Der Fall: Der kleine Bub entwickelte sich beim Fahrradunterricht recht gut, so dass ihm die Eltern eines Tages im August vergangenen Jahres bereits die Stützräder vom Rad abnahmen und ihn allein durch eine ruhige Bad Vilbeler Wohnstraße radeln ließen. Doch der Schein trog. Der Nachwuchs-Radler verlor plötzlich Gleichgewicht und Kontrolle über das Zweirad und stieß gegen den Kühlergrill eines geparkten Fahrzeugs. Dort entstand ein Lackschaden von knapp 700 Euro. Der geschädigte Autohalter dachte gar nicht daran, die Kosten selbst zu übernehmen und verklagte die Eltern des Unfallverursachers.

Vor Gericht versuchten sich die Eltern mit dem Hinweis herauszureden, dass ihr Sohn ja schon recht gut habe Rad fahren können und sie in direkter Nachbarschaft schließlich nicht Schritt auf Tritt hinter dem Kleinen her sein könnten. Im Übrigen gebe es bereits mehrere obergerichtliche Entscheidungen, in denen die Eltern in vergleichbaren Fällen von der Aufsichtspflicht befreit worden seien. Doch die Amtsrichterin kannte sich besser aus. Nachdem sie festgestellt hatte, dass der Autofahrer korrekt geparkt hatte, stellte sie zur Argumentation der Eltern fest, die von ihnen zitierten Urteile beträfen alle Kinder, die das fünfte Lebensjahr schon hinter sich gelassen hätten. Bei einem noch nicht einmal vier Jahre alten Kind sei es dagegen klar, dass es entweder nur mit dem Dreirad oder mit Stützrädern oder aber unter Aufsicht auf dem Bürgersteig fahren dürfe. Das habe bereits 1971 der Kinderforscher Arnold Gesell in seinem Standardwerk „Säugling und Kleinkind in der Kultur der Gegenwart“ festgestellt.

Der Prozess und das Aussageverhalten der Eltern gebe „Anlass, nachdrücklich daran zu erinnern, dass Eltern die Verantwortung für das Handeln ihrer minderjährigen Kinder tragen und verpflichtet sind, Schäden zu verhindern“, heißt es im Urteil der Amtsrichterin, die weiß, wovon sie spricht. Jedenfalls könne es „keinem ernsthaften Zweifel unterliegen“, dass ein noch nicht einmal vierjähriges Kind nicht allein in einer beparkten Spielstraße Rad fahren dürfe. Die Eltern hätten ihre Aufsichtspflicht in schadensersatzpflichtigem Umfang verletzt und müssten daher zahlen. (ge)