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Sind Sie ein Träumer?

Würden Sie sagen, Sie sind ein Träumer? Ich meine damit nicht nur die großen Visionäre oder freudigen Fantasten. Träumen ist nicht immer ein Ding von sprudelnder Hoffnung für die Zukunft. Manchmal ist Träumen Flucht. Flucht vor dem Leben, das nichts mit den Träumen unserer Kindheit zu tun hat. Manchmal ist Träumen Anker, weil die Realität uns keinen Halt bietet. Und wenn Träume dann doch noch wahr werden, wagen wir kaum, es zu glauben.

Am Tag der Kreuzigung scheint ein Traum zu Ende. Keiner derer, die Jesus ihr Leben widmen wollten kann es glauben. Es war nicht gesichert, dass er festgenommen ist. Dass er sterben würde. Dass es vorbei war. Wenn solche Katastrophen in das Leben einbrechen, gibt es so eine Zeit der Schockstarre. Wie, wenn man sich verbrennt, merkt man es erst nicht, bevor der Schmerz einsetzt. Und so stand die Welt an jenem Tag still. Sie war stumm und wartete auf die Wunder, die er getan hatte, auf die Allmacht des Vaters, der ihn geschickt hatte. Sie warteten in Unverständnis, warteten vergebens. Ich frage mich, wie es war, an diesem Abend nach Hause zu gehen. Wo fängt man an, wenn das, was einem Sinn gab, nicht mehr da ist? Vielleicht braucht es Zeit? Vielleicht ist Zeit bedeutungslos?

Und so kehren sie zurück zu dem, was sie kannten, hoffen wieder zu können, was sie mal waren. Und so wie wir alle, wissen auch die Jünger, dass das unmöglich ist. Man kann nicht zurück ins alte Leben. Die Jünger versuchen es. Die, die übriggeblieben sind, fischen auf dem See Genezareth und obwohl sie die ganze Nacht fischen, fangen sie nichts. Müde und hungrig kehren sie ans Ufer zurück. Hoffnungslos. Und so ist das mit den Nächten unseres Lebens. Es kommt alles auf einmal und die Last scheint erdrückend. Und da steht er. Wie er es immer tut. Mitten am Ende der Nacht. Jesus steht am Ufer des Sees, wartet auf seine Kinder. So nennt er sie, denn das sind sie für ihn. Er wirft ihnen nichts vor. Er trägt ihnen nichts nach. Stattdessen fragt er: „Habt ihr nichts zu essen?“ Es geht hier um Fürsorge. Essen ist mehr, als Erhalt des Körpers. Essen gibt auch der Seele Kraft und ehrlich gesagt: Essen kann auch manchmal trösten. Jesus sieht das, was fehlt. Er sieht das, was in diesem Moment gerade das Wichtigste ist und sagt es .

Vikar Patrick Smith, evangelische Christuskirche Bad Vilbel