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Steine erzählen Schicksal – Aktion erinnert an ehemalige jüdische Mitbürger und ist jetzt abgeschlossen

Nidderau. Damit ist die Verlegung von Stolpersteinen in Nidderau abgeschlossen. Insgesamt wurden auf Betreiben der Initiative Stolpersteine in Nidderau in den Stadtteilen Heldenbergen, Windecken und Ostheim 80 Stolpersteine verlegt. Damit wird an die Menschen erinnert, die bis zur Machtergreifung der Nationalsozialisten Teil des dörflichen Gemeinschaftslebens waren, dort wohnten, arbeiteten, heirateten, Kinder bekamen und mit ihren christlichen Nachbarn Tür an Tür lebten.

Viele Bürger nahmen an der Verlegung teil. Darunter sind auch Schüler der neunten Klassen der Bertha-von-Suttner-Schule. Sie setzten sich im Religionsunterricht derzeit mit Juden- und Christentum auseinander, sagt Schulpfarrerin Kerstin Ries-Beuthert. „Mich hat am meisten beeindruckt, dass so etwas hier bei uns passiert ist. Ich habe immer gedacht, die Verfolgung sei vor allem in den großen Städten geschehen“, sagt Pascal Herold (15). „Aus der Beschäftigung mit dieser Zeit habe ich die Konsequenz gezogen, dass man mehr schätzen sollte, welche Freiheiten wir heute haben“, sagt Jeanette Scheele (15). „Die Steine werden Jahre überdauern und sie erzählen die Lebensgeschichte der jüdischen Bürger, die hier einst lebten“, sagt Stadträtin Monika Sperzel (SPD).

Vor acht Häusern im alten Ortskern Heldenbergens ließ der Kölner Künstler Gunter Demnig zum Abschluss die Messing-Quader mit eingraviertem Namen, Geburts- und Sterbedatum in den Asphalt ein. Währenddessen informierten Paten oder Schüler über das Leben und Schicksal der jeweiligen Menschen. Die Informationen hierzu stammen aus dem Buch „Jüdisches Landleben“ von Monica Kingreen. Anschließend betete Rabbiner Andrew Steimann aus Frankfurt. Auf seine Aufforderung hin bildeten die Bürger einen Kreis um den jeweiligen Stolperstein herum und fassten sich an den Händen. „Auf diese Weise nehmen wir die Verstorbenen sinnbildlich wieder in unserer Mitte auf.“

Vor dem Haus Burggasse 3 wurde ein Stein zum Gedenken an Fanny Rothschild eingelassen. Fanny Rothschild habe mit ihrem Bruder Arnold in ärmlichen Verhältnissen gelebt, berichtete Hagen Walter. Sie lebten vom Handel mit Alteisen und Lumpen und seien mit einem Handwagen über die Dörfer gezogen. In der NS-Zeit seien die Geschwister von Jugendlichen drangsaliert und schikaniert worden. Arnold Rothschild starb im Januar 1937. Im September 1939 ging Fanny Rothschild ins jüdische Altersheim Bad Nauheim. 1942 wurde sie ins Konzentrationslager Theresienstadt deportiert, wo sie am 27. Oktober starb.