Veröffentlicht am

Streit am Niddaplatz eskaliert

Serdar Günel ist sauer. Das Mobiliar seines »Mondnacht«-Restaurants auf dem Niddaplatz ist ohne sein Wissen frühmorgens geräumt worden. Foto: Eickhoff
Serdar Günel ist sauer. Das Mobiliar seines »Mondnacht«-Restaurants auf dem Niddaplatz ist ohne sein Wissen frühmorgens geräumt worden. Foto: Eickhoff

Bad Vilbel. Auf dem Niddaplatz rumort es. Weil in unmittelbarer Nachbarschaft zur bekannten »Mondnacht« ein weiteres Restaurant aufmachen soll, fühlt sich Serdar Günel hintergangen. Der »Mondnacht«-Inhaber beruft sich auf den Konkurrenzschutz. Es entbrennt ein Streit zwischen ihm und seinem Vermieter. Mittlerweile hat auch die Stadt eingegriffen und die von der »Mondnacht« genutzten Sitzgarnituren vor dem Restaurant geräumt.
Was in den vergangenen Monaten alles passiert ist, hat Serdar Günel noch nicht wirklich verarbeitet. Der 50-Jährige ist Inhaber des bekannten und beliebten Restaurants »Mondnacht«. Seit rund acht Monaten tobt hinter den Kulissen ein Streit, der jetzt zu eskalieren beginnt. »Ich halte mich eigentlich lieber im Hintergrund«, sagt Günel. »Aber das nimmt Formen an, die nicht in Ordnung sind.«
Von Anfang an auf
dem Niddaplatz dabei

Günel ist seit elf Jahren Inhaber der »Mondnacht«. Sein Vermieter, der Neue-Mitte-Investor Dr. Hansgeorg Jehner, holt ihn damals in die Quellenstadt. »Ich hatte zu der Zeit noch Restaurants in Frankfurt.« Viel Überzeugungsarbeit braucht es nicht. Günel ist schnell vom Konzept des neuen Niddaplatzes, bei dem sein Vermieter Jehner nicht nur als Investor fungierte, sondern auch noch zur städtischen Büchereibrücke zwei Millionen Euro beisteuerte, überzeugt. »Ich habe im Rohbau angefangen und in all den Jahren mehr als 600 000 Euro investiert.«
Der Bruch in der Beziehung ereignet sich vor etwas mehr als sechs Monaten. »Herr Jehner fragte mich, ob ich mir mehr Gastronomie auf dem Niddaplatz vorstellen könne.« Günel ist begeistert, träumt von der Vergrößerung seiner Fläche. Schließlich handelt es sich bei der Anfrage um die direkt neben der Mondnacht liegenden Räumlichkeiten von Schuh Görtz, die leer stehen. »Kurze Zeit nach dem losen Gespräch bekam ich eine Änderung zu meinem Mietvertrag. Darin sollte ich zustimmen, dass Gastronomie neben der ›Mondnacht‹ in Ordnung für mich sei«, berichtet er. Günel ist verwundert und beruft sich auf den Konkurrenzschutz – sprich: keine Gastronomie in der direkten Nachbarschaft, wenn das Gebäude demselben Vermieter gehört. Günel erläutert: »Mir wurde auch in E-Mails vermittelt, dass es nicht darum geht, mir und meinem Laden zu schaden.« Schließlich sei ja alles in Ordnung. »Als ich die Außenterrasse für 90 000 Euro mit fester Überdachung saniert habe, wurde mein Mietvertrag um fünf Jahre verlängert. Es gab keine Indizien, dass etwas nicht in Ordnung ist.«
Das ändert sich schnell. Günel entdeckt Plakate, dass neben ihm ein Restaurant aufmachen soll. »Dann bin ich zu meinem Anwalt gegangen, und wir haben einen Renovierungsstopp erreicht.« Die nächsten Monate werden unschön. »Die Gespräche mit dem Bürgermeister und Herrn Minkel sind alle gleich geendet. Mir wurde gesagt, dass ich schon zustimmen werde und ich aufhören soll, auf Zeit zu spielen. Außerdem wurde mir gedroht. dass meine Außenplätze und der Pavillon abgebaut werden, weil angeblich keine Genehmigung vorliegt.« Der 50-Jährige verlangt nach der Räumung des bisher genutzten Geländes auf dem Niddaplatz Schadensersatz. Weniger Platz, weniger Kunden. Das müsse entschädigt werden.
Bei der Stadt sieht man das komplett anders. Für sie geht es darum, dass Günel »eine wesentlich intensivere Platznutzung verhindern will«, wie Liegenschaftsdezernent und Ehrenstadtrat Klaus Minkel auf Anfrage mitteilt. »Das ist weder im Sinne der Stadt, die stets eine intensive Nutzung wollte, noch im Sinne der Allgemeinheit.« Deshalb habe Günel auf dem Platz nichts verloren, »solange er seine destruktive und für die Stadt schädliche Haltung nicht aufgibt«. Deshalb wurde vor wenigen Tagen der Außenbereich der »Mondnacht« auf dem Niddaplatz komplett geräumt.
Der Liegenschaftsdezernent ist sauer auf den Gastronom: »Das Grundgesetz garantiert die Gewerbefreiheit und damit Konkurrenz, die das Geschäft belebt und für ein besseres Angebot sorgt.« Günel wolle Gewerbefreiheit und Konkurrenz zu seinem Vorteil beschränkt haben. »Er will mit seiner Forderung von 600 000 bis 700 000 Euro nämlich offensichtlich Konkurrenz ausschließen.« Das möge er mit seinem Vermieter ausmachen.
Dieser möchte sich auf Anfrage nicht weiter äußern. Dr. Hansgeorg Jehner möchte die Sache zwischen den Parteien regeln. »Erfahrungsgemäß trägt eine Beteiligung der Öffentlichkeit zur Vertiefung und nicht zur Beseitigung von Divergenzen bei. Das widerspräche dem Ziel, die Divergenz zu beseitigen.«
Minkel: Erlaubnis ist
nicht erteilt worden

Minkel hingegen legt weiter nach. Es könne nicht im städtischen Interesse sein, dass die Stadt und die Allgemeinheit Nachteile erleiden, »nur weil Serdar Günel andere von der Platznutzung ausschließen will, über die die Stadt als Mieterin des Platzes verfügt, nicht er als Nutznießer des städtischen Engagements für den Platz«. Minkel: »Die vom Anwalt behauptete Sondernutzungserlaubnis ist nach der mir vorliegenden Auskunft nicht erteilt worden. Ebenso ist nach der mir vorliegenden Auskunft der Wintergarten ohne Baugenehmigung errichtet worden.«
Serdar Günel hingegen verweist auf vorliegende Verträge. Er fühlt sich unter Druck gesetzt. »Seit die Lage eskaliert ist, war das Zollamt da. Direkt danach das Gesundheitsamt. Auf einmal wurden aus Kleinigkeiten Fässer aufgemacht und mir gedroht, meinen Laden zuzumachen. Das ist schon komisch.«
Minkel erwidert: »Ob es beim Betrieb der ›Mondnacht‹ stets mit rechten Dingen zugegangen ist, habe ich nicht zu entscheiden. Darüber befinden die zuständigen Stellen. Wer sich so wie Günel exponiert, läuft Gefahr, dass man ihm genauer auf die Finger schaut.«
Serdar Günel jedenfalls hat genug gesehen und gelesen. »Wir gehen gegen die Räumung vor Gericht und klagen. Ich habe jetzt zu viele Mitarbeiter auf zu wenig Fläche, das lohnt sich nicht mehr. Ich zahle jeden Tag drauf«, sagt er. Er fühlt sich betrogen. »Ich werde aber nicht aufgeben.«
Von Patrick Eickhoff