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Und es ist doch echt!? – Disput um Toulouse-Lautrec-Gemälde: Verfahren eingestellt • Vorhang zu und alle Fragen offen

Bad Vilbel. Der Glaube des renommierten Bad Vilbeler Kunstauktionators Reinhard Blank (57) wirkte unerschütterlich. „Dieses Bild stammt tatsächlich von Henri Toulouse-Lautrec. Daran glaube ich ganz fest“, sagte er gestern gegenüber Journalisten in einer Verhandlungspause auf dem Gerichtsflur in Frankfurt.

Der Frankfurter Amtsrichter Wolfgang Weber hatte das „Selbstportrait“ vor dem Richtertisch aufgestellt, so dass es alle Prozessbeteiligten gut sehen konnten: Das Abbild eines alten Mannes, nicht gerade eine Schönheit zu nennen. Um dieses Gemälde drehte sich vor dem Amtsgericht alles.

Kurz nachdem Blank das Bild Anfang des Jahres 2007 von einer Witwe aus Mühlheim im Kreis Offenbach entgegengenommen und in seinen aktuellen Katalog aufgenommen hatte, erstattete ein Galerist aus Hannover Strafanzeige (die FNP berichtete mehrfach). Das Bild sei auf gar keinen Fall ein Toulouse-Lautrec und deshalb auch nicht jene 15 000 Euro wert, die der Bad Vilbeler Blank als Ausrufpreis festgelegt hatte, behauptete der Niedersachse.

Statt von erfreuten Kunstkennern bekam Blank daraufhin im März 2007 Besuch von der Staatsanwaltschaft, die das „Selbstportrait“ beschlagnahmte. Auf Betreiben der Anklagebehörde erhielt ein Komitee aus Toulouse-Lautrec-Fachleuten in Paris einige Fotos des Bildes zugeschickt. Deren Gutachten: Auf gar keinen Fall stammt es von dem berühmten Maler, der 1902 im Alter von nur 37 Jahren gestorben war.

Die Staatsanwaltschaft leitete daraufhin die nötigen Schritte ein. Und weil das Bild auch noch das Monogramm des Künstlers enthielt, das dem Gutachten gemäß ja ebenfalls gefälscht wurde, wurde Blank nicht nur des Betruges, sondern auch der Urkundenfälschung angeklagt.

Gestern äußerte Blank Zweifel an der Richtigkeit des französischen Gutachtens. Wie könne ein Sachverständiger die Identität eines Bildes überhaupt feststellen, das er lediglich auf einem Foto und nicht in natura gesehen habe? Sämtliche Zeugen – darunter die Besitzerin des Gemäldes und deren Sohn – konnten schließlich keine genaueren Angaben zum Bild machen: „Bei uns war er immer ‚der Toulouse’“, sagte die 78 Jahre alte Witwe.

Ihr Mann, ein bekannter Restaurator, habe es vor 40 Jahren einem russischen Attaché abgekauft – und damals von einem „Schnäppchen“ gesprochen. Eine irgendwie geartete Expertise oder ein Eintrag im Werkverzeichnis des Malers aber gab es niemals. Schon vor diesem Hintergrund hätte Blank das Werk in seinem Katalog anders anpreisen müssen, etwa mit einem Fragezeichen hinter dem Namen Toulouse-Lautrec, hielt ihm der Richter vor. Schwierig gestaltete sich die Beweisaufnahme, weil die französische Sachverständige trotz Ladung nicht nach Deutschland gekommen war. Schon dachte Richter Weber darüber nach, das Bild nach Frankreich zu schicken und dort untersuchen zu lassen.

Vielleicht war es die wenig verheißungsvolle Aussicht auf eine Ausweitung des Prozesses, die Blank dazu bewog, in den Vorschlag des Gerichts einzuwilligen, das Gerichtsverfahren gegen eine Geldauflage einzustellen. Dem Städelschen Museumsverein in Frankfurt wird Blank 1000 Euro überweisen. Die Eigentümerin erhält das Bild zurück. Ihr Sohn will damit nach Frankreich fahren, um es begutachten zu lassen. Reinhard Blank drückt ihm die Daumen.