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»Unsichtbaren« Wohnraum aktivieren

Wohnwendeökonom Daniel Fuhrhop spricht bei den Grünen. Foto: Privat
Wohnwendeökonom Daniel Fuhrhop spricht bei den Grünen. Foto: Privat

Bad Vilbel. Wohnwendeexperte Daniel Fuhrhop hat bei den Bad Vilbeler Grünen für neue Lösungen rund um den Wohnraummangel geworben. »In Bad Vilbel wurde und wird viel gebaut. Dadurch werden immer mehr Flächen versiegelt. Dies wäre selbst für Grüne noch vertretbar, wenn denn bezahlbarer Wohnraum und Sozialwohnungen gebaut würden«, schreiben die Grünen in einer Pressemitteilung. Kathrin Anders, langjährige Fraktionsvorsitzende sagt: »In Bad Vilbel wird an der Wohnungsnot der Menschen mit mittleren und geringen Einkommen seit Jahren brutal vorbeigebaut. Denn es entsteht fast ausschließlich teurer Wohnraum, den sich ein beachtlicher Teil der Bevölkerung nicht leisten kann.«
Daniel Fuhrhop habe sich als Wohnwendeökonom einen Namen gemacht. Die sehr gut besuchte Veranstaltung mit ihm sei bereits ein Hinweis darauf, dass das Thema Wohnungsnot viele Menschen bewege.
Daniel Fuhrhop erklärte, dass in Deutschland ein unsichtbares Wohnraumpotenzial im Bestand verborgen sei, das 20 Millionen Menschen versorgen könne. Die Nutzbarmachung würde nicht nur teuren Neubau weitgehend überflüssig machen, sondern gewaltig dem Klimaschutz dienen. »Der Wohnungsneubau eines Jahres mit bislang etwa 300 000 Wohnungen schadet dem Klima in seinem Lebenszyklus mit bis zu 74 Millionen Tonnen CO2-Äquivalent. Das sei beinahe genauso viel wie der jährliche Betrieb sämtlicher 43 Millionen Altbauwohnungen mit momentan 80 Millionen Tonnen CO2- Äquivalent.«
1,7 Millionen
Wohnungen stehen leer

»Angesichts der aktuellen Wohnungsnot können wir nicht mehr nur allein auf Neubau setzen. Die von Herrn Fuhrhop aufgezeigten Lösungsansätze, das Wohnpotenzial durch Umnutzung von Bestandsimmobilien und Aktivierung ungenutzten Wohnraums muss unbedingt in Angriff genommen werden«, erklärt Grünenvorsitzende Kathrin Jäschke. Das sei nicht nur wegen der sozialen Notwendigkeit geboten, sondern auch aufgrund des Klima- und Flächenschutzes.
Fuhrhop habe in seinem Vortrag darauf hingewiesen, dass das Ziel der Bundesregierung, jährlich 400 000 neue Wohnungen bauen zu lassen, derzeit völlig unerreichbar ist. Jedoch gebe es im Immobilienbestand und Siedlungsraum Potenzial für knapp sechs Millionen Wohnungen. 1,7 Millionen Wohnungen würden deutschlandweit leer stehen. Durch Aufstockung von Gebäuden könnten 2,4 Mio Wohnungen geschaffen werden. Und weitere 1,86 Mio Wohnungen können durch Umnutzung bisheriger Büroimmobilien gewonnen werden. Pro Jahr ließen sich aus diesem Potenzial 115 000 Wohnungen mit relativ wenig Aufwand klima- und flächenschonend gewinnen, argumentierte Fuhrhop.
Positive Beispiele in Karlsruhe
Dadurch könne ein Drittel des derzeitigem Neubauvolumens ersetzt werden. Ein weiteres Drittel ließe sich beim Neubau einsparen, wenn das Potenzial des unsichtbaren Wohnraums aktiviert würde. Hier verweist er auf positive Beispiele im europäischen Ausland und einigen deutschen Städten. In Karlsruhe würden durch aktive Vermittlung der Stadt jährlich 60 Wohnungen an junge Menschen vermittelt, die sich keine teure Neubauwohnung leisten können. Der Wohnraum werde beispielsweise von älteren Bürgern/innen angeboten, die jemand zur Untermiete aufnehmen. Auch das Konzept »Wohnen für Hilfe« kann ältere Menschen mit großen Wohnungen mit jungen Wohnungssuchenden zusammenbringen. Wenn Kommunen hier aktiv die Vermittlerrolle übernehmen würden, könnte deutschlandweit der Bedarf von 100 000 Wohnungen bedient werden und müsste nicht neu gebaut werden, heißt es in der Mitteilung der Bad Vilbeler Grünen. (zlp)