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Von Prinzen und Geheimräten

Wer die QR-Codes scannt, erfährt mehr über die Sorte.
Wer die QR-Codes scannt, erfährt mehr über die Sorte.

Schilder an Obstbäumen geben mit QR-Codes Hinweise auf die Sorten

Tanja Tahmassebi-Hack und Elke Rühl-Mittag befestigen die Schilder mit Holznägeln direkt am Stamm oder, bei jungen Bäumen, mit Draht am Pfosten. Fotos: Fauerbach

Bad Vilbel. Auf den Streuobstwiesen stehen zahlreiche alte Bäume von denen nur Fachleute wissen, um welche Sorte es sich handelt. Um das Wissen zu bewahren, hat der Verein Streuobstzentrum Kirschberghütte nun eine Aktion gestartet.

Obstbäume können ein stolzes Alter erreichen. Ein Apfelbaum wird bis zu 120 Jahre alt, Kirschbäume kommen auf 80 bis 90 Jahre. Dass Bäume mitunter auch noch doppelt so alt werden können, zeigt das Exemplar der Wildkirsche in Reichelsheim-Blofeld. Nach Erkenntnissen des Deutschen Baumarchivs ist dieser Vogelkirschbaum zwischen 160 und 182 Jahre alt. Und damit ist der mächtige Solitärbaum, der seit 2008 als Naturdenkmal ausgewiesen ist, vermutlich Deutschlands ältester und stärkster Kirschbaum.

Zwar sind die Obstbäume auf der Wiese des Vereins Streuobstzentrum Kirschberghütte Bad Vilbel jünger, aber bei den meisten wussten die Vereinsmitglieder nicht, um welche Sorte es sich handelt. Hilfe bei der Bestimmung leistete Obstbau-Experte Werner Nussbaum. Der Landessprecher des hessischen Pomologen-Vereins bestimmte vor einigen Monaten nach der Sortenwanderung, die auf dem Grundstück stehenden Bäume.

»Auf unserem Vereinsgrundstück stehen 22 Obstbäume. Neu angepflanzt haben wir acht Bäume mit alten Sorten«, sagt Vereinsvorsitzende Tanja Tahmassebi-Hack. Auf den 22 Bäumen wachsen 21 verschiedene Sorten. »Wir haben Apfel-, Kirsch- und Pflaumenbäume sowie einen Birnbaum der Sorte Gellerts Butterbirne«, ergänzt Elke Rühl-Mittag.
Damit in Zukunft alle Vereinsmitglieder und auch Spaziergänger zu allen Jahreszeiten wissen, vor oder unter welchem Obstbaum sie gerade stehen, haben die beiden jetzt Sortenschilder an den Stämmen oder, bei jungen Bäumen, an den Befestigungspfählen angebracht.

Auf den kleinen Tafeln stehen die Namen alter Regional- und Lokalsorten, von denen früher viele in Hessen verbreitet waren. Dazugehören die Sorten Brettacher Apfel, Prinz Albrecht von Preußen, Gloster, Schöner aus Nordhausen, Lohrer Rambur, Geheimrat Dr. Oldenburg oder Roter Boskop.

Geschmackliche Vielfalt des Streuobsts
Die Wiege des Apfels stand in Kasachstan. Durch die Römer gelangten die Früchte in unsere Breiten. Der Vorteil alter, heimischer Apfelsorten wie Friedberger Bohnapfel, Heuchelheimer Schneeapfel, Goldparmäne oder Jakob Lebel liege in ihrem hervorragenden Geschmack und den vielfältigen Verwendungs- und Verarbeitungsmöglichkeiten. Heimische Obstsorten bieten eine große genetischen Vielfalt (Biodiversität). Der ökologische Wert von Streuobstwiesen ist unbestritten. Vor diesem Hintergrund setzt sich Werner Nussbaum für den Erhalt der Streuobstwiesen ein und warnt: »Uns bricht der Bestand weg.«
Deshalb setzen sich die Vereinsmitglieder des Streuobstzentrums Kirschberghütte für eine Biotopkartierung des Obstbaumbestandes in Bad Vilbel ein. »Noch viele alte Bäume warten auf ihre Bestimmung«, sagt Vereinsmitglied Yvonne Bäckmann. Sie hat mit Rüde Jackie einen Stopp eingelegt, um sich die neuen Sortenschilder an den Bäumen anzusehen. Sie scannt den QR-Code mit ihrem Handy ein und landet auf einer Info-Seite mit einer ausführlichen Beschreibung der jeweiligen Obstsorte. »Das ist klasse«, loben die drei Vilbelerinnen.

Gepflanzt haben die Vereinsmitglieder nicht nur Bäume mit alten Sorten, sondern auch einen Sauerkirschbaum der neu gezüchteten Sorte Gerema. Dessen feste, saftigen Früchte haben einen säuerlichen Geschmack, eignen sich gut für Säfte, Marmeladen oder als Kuchenbelag.

Wer Interesse an einer Sortenwanderung mit Werner Nussbaum und anschließender Apfelbestimmung hat, der sollte sich Samstag, den 3. September, ab 14 Uhr freihalten. »Das ist super interessant«, verspricht Tanja Tahmassebi-Hack.

Hinweise zu 700 Sorten

Die witterungsfesten Sortenschilder für inzwischen mehr als 700 Obstsorten mit entsprechendem QR-Code für weitergehende Informationen bietet der gemeinnützigen Verein Landschaftspflege im Kreis Kleve, kurz LiKK e.V., an. Die Sortenschilder kosten drei Euro pro Stück. Die Liste mit den Obstsorten, Infos zu den Schildern und der Bestellung gibt es im Internet unter https://likk.eu. Wer es sucht klickt zuerst auf »Projekte« und dann auf das Stichwort »Sortenschilder«.