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Von Statistin zur Hauptrolle – Nachbar entdeckt Jesika Schmidts Schauspieltalent, jetzt fragt ihre Mutter sie die Texte ab

Bad Vilbel. „Ich war immer ein wenig schüchtern und hatte nur eine leise Stimme“, erzählt die 18-jährige Schülerin des Georg- Büchner-Gymnasiums Jesika Schmidt. „Deshalb habe ich auch immer Nein gesagt, wenn mich mein Nachbar gefragt hat, ob ich nicht Lust hätte, mal in seiner Theatergruppe vorbeizuschauen.“ Letztlich konnte der Regisseur der „Jugendtheatergruppe der St. Nikolaus Gemeinde und Rara Theaters“, Sebastian Pietsch, sie aber doch überzeugen.

„Ich konnte mir einfach nicht vorstellen, auf der Bühne zu stehen, doch ich bin froh, dass ich damals zu der Probe gegangen bin. Ich erinnerte mich an meine Kindheit, als ich davon träumte, Schauspielerin zu werden, und dachte mir, dass dies nun vielleicht eine Chance ist.“ Eine große Karriere möchte Jesika mittlerweile jedoch nicht mehr einschlagen, es ist ihr wichtiger, weiterhin mit Spaß in ihrer Freizeit dabei zu sein und ganz ohne Druck spielen zu können.

An ihre erste Probe hat sie beste Erinnerungen. Dass der Gruppe viele ihrer Freunde angehörten, erleichterte ihr den Einstieg. „Ich habe mich auf Anhieb wohlgefühlt. Damals wurde gerade das Stück ,Zickenkriege’ einstudiert“, erinnert sie sich. Ihr Aufgabe bestand darin, den Vorhang zu halten. Zweimal durfte sie aber auch auf die Bühne. „Mein Text bestand aus vier Wörtern: ,Und am nächsten Tag’“, sagt Jesika. Die Zuschauer haben gelacht. „Obwohl es nur ein kleiner Auftritt vor 30 Zuschauern, war es für mich der Eintritt in die Theaterwelt.“

In den letzten Jahren hat sich die Gruppe weiterentwickelt, neue Darsteller kamen hinzu, die Aufführungen sind mittlerweile ausverkauft und gespielt wird vor bis zu 300 Zuschauern. Das sei kein Vergleich mehr zu früher. Es kämen nicht mehr nur Eltern und Freunde, sondern auch Außenstehende, die durch Plakate oder Mundpropaganda auf sie aufmerksam würden, erzählt Jesika. Sie selbst habe sich auch mit der Zeit verändert, sei durch das Theaterspielen selbstbewusster geworden, und es falle ihr viel leichter, vor großen Gruppen zu sprechen.

2004 übernahm Sebastian Pietsch die Aufgabe, mit der Jugendgruppe fleißig Stücke zu inszenieren. Er selbst spielte damals in der später ausgelösten Erwachsenen-Theatergruppe Massenheim. Heute treffen sich regelmäßig 16 schauspielbegeisterte Jugendliche, Jungen und Mädchen, im Alter von 8 bis 19 Jahren, um mit Freude und Elan Theater zu spielen.

„Es ist immer wieder interessant die Entwicklung dieser tollen Truppe mitzugestalten und die Gruppenatmosphäre zu genießen, manchmal treffe man sich auch in der Freizeit, besuche gemeinsam eine Vorstellung der Burgfestspiele.

Jedes Stück ist für Jesika eine neue Herausforderung. Am Anfang sei es immer etwas schwer, sich in die Rolle hineinzufinden. „Deshalb machen wir Leseproben, sprechen über Text und Charaktere. Das hilft ungemein. Einmal musste ich in einem Stück auf der Bühne ausrasten und laut schreien“, erinnert sie sich. So etwas koste meist ein wenig Überwindung, aber in Einzelproben werde die Hemmschwelle dann überwunden. Schwierig sei für sie die Vorstellung gewesen, mal ein Improvisationsstück zu spielen. Angst, den Text zu vergessen, brauchte man da keine zu haben, denn es ging von vorneherein ums Improvisieren. „Das war schon eine echte Herausforderung, aber am Ende war ich stolz auf mich.“

Schwierigkeiten lägen auch oft in der alten Sprache, in der die Stücke geschrieben seien. Gerade bei „Faust“ oder „Othello“ sei es deswegen nicht so leicht, richtig in die Rollen hineinzufinden. „Einmal mussten wir in einem Stück fast alle Rollen umschreiben, weil wir keine männlichen Darsteller hatten“, erinnert sie sich lachend. Aber das hat sich ja zum Glück geändert. Das Proben und Texte lernen sei manchmal schon stressig, gerade in den heißen Phasen, kurz vor den Auftritten, aber es fühle sich immer schön an, auf der Bühne zu stehen und den Applaus entgegen zu nehmen, der die Arbeit belohnt. „Es ist ein schöner Moment, dort oben zu stehen und die Aufmerksamkeit des Publikums genießen zu können. Dafür lohnt sich auch die Textelernerei“. Ihren Text lernt die Jungschauspielerin, indem sie sich ihn erst immer wieder laut vorsagt, „dann fragt mich meine Mama ab, dann klappt das“, verrät sie.

Im Moment proben die Jugendlichen Shakespeares „Othello“, im November soll das Stück aufgeführt werden. Ansonsten sei für die Zukunft „Hexenjagd“ von Arthur Miller und das Musical „Marie Antoinette“ geplant.

„Wir wollen unseren Bekanntheitsgrad ausweiten, und vielleicht schaffen wir es irgendwann, auch in der Burg aufzutreten“, so Regisseur Pietsch über seine Zukunftspläne mit der Jugendtheatergruppe. Freuen würde sich die Gruppe auch über weitere Mitspieler.

Interessierte können sich bei Sebastian Pietsch, Tel. (0160) 1838431, E-Mail Jugend@rara-theater.de, melden.