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Was wird aus dem Lieschen? – Die Ausschreibung ist geplatzt: Der RMV will den Betrieb nun direkt vergeben

Bad Vilbel/Nidderau. Europas Bahnunternehmen mögen das Stockheimer Lieschen nicht: Bei der Ausschreibung gab keines von ihnen ein „wirtschaftliches Angebot“ für den Betrieb der Strecke ab.

Die Ausschreibung für die Niddertalbahn ist dem Rhein-Main-Verkehrsverbund (RMV) nur eine Randnotiz wert: Sie „musste aufgehoben werden, da kein wirtschaftliches Angebot abgegeben wurde“, berichtet Sprecher Peter E. Vollmer. Heißt: Keiner der Bieter war bereit, die 31 Kilometer lange Strecke wenigstens zum Minimalpreis zu bedienen, den der RMV zu zahlen bereit ist.

Die Strecke von Frankfurt via Bad Vilbel, Niederdorfelden, Schöneck und Nidderau nach Stockheim droht für den Verbund und damit die Allgemeinheit ab Ende 2012 also teurer zu werden als erhofft. Gleiches gilt für die Strecke Frankfurt – Friedberg – Nidda. Warum kein Bahnunternehmen die vom RMV gewünschte Leistung zum vom RMV gewünschten Preis fahren möchte, mochte Verbundsprecherin Petra Eckweiler nicht erklären. Zunächst müsse das intern geprüft werden. Danach werde der Verbund nach einem Betreiber suchen. Dabei würden bei Qualität und Betriebskonzept keine Abstriche gemacht. „Wir bestehen auf Fahrzeuge, die unseren Lärmvorstellungen entsprechen“, kündigt Eckweiler an.

„Der RMV muss Lehrgeld zahlen“, sagt Christian Behrendt vom Fahrgastverband Pro Bahn und Bus Hessen. Offenkundig lasse sich das geforderte Betriebskonzept nicht wirtschaftlich umsetzen. So habe der RMV das Platzen der Ausschreibung selbst verursacht. Das Problem: „Auf der Niddertalbahn besteht eine starke Varianz zwischen dem Spitzenbedarf und der normalen Nachfrage“, sagt Behrendt. Während in der Hauptverkehrszeit sehr viele Fahrgäste zugleich fahren, sind während der meisten Zeiten des Tages viel weniger Menschen unterwegs.

Die Bieter hätten jedoch laut RMV-Vorgabe eine hohe Kapazität für die Rush-hour vorhalten müssen, also viele Doppelstockwagen mit Dieselloks. Weil sich das Anschaffen zusätzlicher, billiger zu betreibender Dieseltriebwagen für die übrigen Zeiten nicht lohne, müssten die großen Züge in den übrigen Zeiten schwach besetzt durchs Niddertal rollen. „Das führt zu einem Missverhältnis bei der Wirtschaftlichkeit.“

Dem Verbund bleibt nun eine – wohl teurere – Direktvergabe: Er wolle „mit denjenigen Bietern in Verhandlungen eintreten, die Angebote für die oben genannten Teilnetze abgegeben hatten“, erklärt Sprecher Vollmer. Mit „einem qualitativ hochwertigen und wirtschaftlich tragfähigem Angebot“ wolle der RMV „ein besonders im Hinblick auf die Lärmemission umweltverträgliches Bedienungskonzept realisieren“. So soll es wenigstens für die Anwohner der Strecke ruhiger werden. Sie protestieren seit langem gegen den Einsatz der alten, lauten Dieselloks. Erfolgreicher war der RMV an anderer Stelle: Den Verkehr auf der Main-Weser-Bahn Frankfurt – Friedberg – Kassel sowie der Kinzigtalbahn von Frankfurt nach Fulda vergab er wieder an die Bahn-Tochter DB Regio Hessen. (den)