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»Wir brauchen eine wehrhafte Demokratie«

Barbara Bišický-Ehrlich ruft auf, Brücken der Hoffnung zu bauen. Foto: Fauerbach
Barbara Bišický-Ehrlich ruft auf, Brücken der Hoffnung zu bauen. Foto: Fauerbach

Bad Vilbel. Autorinnen und Autoren aus Bad Vilbel und Frankfurt warnen vor den Gefahren von Rechtsaußen. Sie rufen alle Demokraten auf, sich an der Wahl des Europäischen Parlaments am 9. Juni zu beteiligen und mit ihrer Stimme für die freiheitlich-demokratischen Grundwerte einzustehen. Gespannt hörten die Besucher der Veranstaltung »Lesen gegen Rechtsextremismus – Texte und Gedanken zur Gefährdung unserer Demokratie« den Vortragenden in der Stadtbücherei zu.
Bürgermeister Sebastian Wysocki (CDU) warntevor der Gefährdung von Demokratie und Freiheit in unserer Gesellschaft durch Rechtsextremisten. Moderiert wurde die auf eine Initiative des Autors Robert Maier zurückgehende Veranstaltung von Ivonne Keller. Naina Doroshenko umrahmte den Abend musikalisch mit Liedern und der Bandura, dem ukrainischen Nationalinstrument.
Die Warnsignale
ernst nehmen
»Wir wollen heute Abend über die reden, die unsere Demokratie offen oder subtil bedrohen«, sagte Keller. Einer der Auslöser für diese Lesung sei der im Januar veröffentlichte Bericht »Geheimplan gegen Deutschland« des Recherche-Netzwerk Correctiv über ein Treffen von hochrangigen rechtsextremistischen Politikern, Neonazis und finanzstarken Unternehmern im November 2023 in einem Hotel bei Potsdam gewesen. Dort sei die Remigration, sprich Vertreibung, von Millionen Menschen aus Deutschland, beschlossen worden. Später bestätigte der AfD-Bundestagsabgeordnete René Springer, dass die Remigration kein Geheimplan, sondern ein Versprechen sei. Robert Maier sagt: »Wenn Rechtsextreme und Neonazis aus dem In- und Ausland die Deportation von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund planen, muss man aufstehen und sich positionieren. Alles andere ist inakzeptabel.«
Er wies auf die Warnsignale in Form von Worten, Behauptungen, Unterstellungen, Fake News und Propaganda hin, die kaum zu übersehen und -hören seien. Und die alle die Demokratie untergrüben, sie in Frage stellten und verhöhnten.
Die Würde des Menschen ist unantastbar
Bürgermeister Wysocki zitierte Artikel 1 des Grundgesetzes: Die Würde des Menschen ist unantastbar. »Es gibt Kräfte, die am Fundament unserer Demokratie rütteln. Kräfte, die unser Land zurückführen wollen in das dunkelste Kapitel seiner Geschichte.« Mit Blick auf das Treffen bei Potsdam sagte er: »Es ist wichtig, Klartext zu reden, um zu zeigen, dass die demokratischen Kräfte, die Demokratie wehrhaft ist.«
»Ihr seid unterwandert, millionenfach«
Der Frankfurter Autor Andreas Heinzel zitierte Passagen aus seinem Roman »Die Monarchos« und des literarischen Online-Projekts »Der Nächste, bitte!« Schnell habe die Monarchie-Bewegung 200 000 Follower gehabt. Er las einen Dialog zwischen zwei Rechtsextremisten aus Ostdeutschland vor. Inhaltlich ging es darum, wie man die Stimmung im Land, die gerade kippe, unterstützen könne, um sie für die eigenen Ideen zu nutzen und zu unterwandern. Der Zug fahre schon, man müsse nur noch aufspringen. Er zitierte den Satz des ehemaligen, langjährigen AfD-Pressesprechers Christian Lüth: »Je schlechter es Deutschland geht, desto besser für die AfD.« Und er erinnerte an die Aussage eines Rechtsextremisten: »Wir sind längst überall. Ihr seid unterwandert, millionenfach.«
Nicht warten,
bis es zu spät ist

Andreas Heinzel appellierte: »Wählen gehen ist unsere Waffe.« Er zitierte aus einer Rede von Erich Kästner, die dieser im Mai 1958 in Hamburg bei der Tagung des PEN Deutschland anlässlich des 25. Jahrestages der Bücherverbrennung hielt: »Die Ereignisse von 1933 bis 1945 hätten spätestens 1928 bekämpft werden müssen. Später war es zu spät. Man darf nicht warten, bis der Freiheitskampf Landesverrat genannt wird. Man darf nicht warten, bis aus dem Schneeball eine Lawine geworden ist.«
Barbara Bišický-Ehrlich sagte: »Demokratie funktioniert nur, wenn wir die Dinge in die Hand nehmen, nichts geschehen lassen.« Für sie sei das Schlimmste nach dem Terrorangriff der Hamas »das Schweigen ihres nichtjüdischen Umfeldes und die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal der Juden« gewesen. Sie zitierte aus Anatevka: »Manche werden durch Edikte vertreiben, andere durch das Schweigen.« Sie appellierte: »Bauen sie Brücken der Hoffnung in ihrem kleinen Kosmos. Wir brauchen eine wehrhafte Demokratie, die wir leben.«
Alle Autorinnen und Autoren lasen zudem Passagen aus ihren Büchern vor. Hendrik Michel, Leiter der Frankfurter Geschäftsstelle des gemeinnützigen Vereins Pulse of Europe (Europas Puls), informierte über Beweggründe, Ziele und Aktionen dieser überparteilichen, unabhängigen Bürgerinitiative. Diese wurde 2016 in Frankfurt gegründet. Er forderte das Publikum auf: »Nehmen sie ihre Pflichten als aktive Bürger wahr und gehen sie wählen.«
Von Christine Fauerbach