Veröffentlicht am

Wird aus dieser Stadt langsam ein großer Stammtisch? – Leserbrief

Zu den augenblicklichen Debatten in der Quellenstadt, von A wie Amiwiese über N wie Neue Mitte bis hin zu Z wie Zusammenschluss von Bürgerinitiativen erreichte uns nachfolgende E-Mail

Nein, ein Hochregallager soll in Bad Vilbels Neuer Mitte über der Nidda nicht entstehen. Freut man sich als Bad Vilbeler zwar grundsätzlich über uneigennützigen Bürgersinn, so wirft die Inflation von Bürgerinitiativen und deren Zusammenschluss zur Ober-Initiative BfBV (Bürger für Bad Vilbel) inBad Vilbel doch einige Fragen über deren Strukturen, Ziele und Demokratieverständnis auf, denen nachgegangen werden sollte.

Zunächst sind Bürgerinitiativen Interessengruppen wie alle anderen auch. Es fragt sich nur, wessen Interessen sie vertreten – vermutlich erstmal ihre eigenen. Es verwundert schon, wenn die Interessengruppe Bürgerinitiative Hochregallager nach der erfolgreichen Verhinderung ihres Gründungsziels sich als nächstes gegen die Radeberger-Ansiedlung wendet, um sich dann sofort auf die geplante Mediathek zu stürzen. Wogegen wendet man sich als nächstes?

Es liegt nahe anzunehmen, dass hier im Vorfeld der Bürgermeisterwahlen Stimmung gemacht werden soll. Steter Tropfen höhlt den Stein. Es wird versucht, Missmut und Unzufriedenheit in die Bad Vilbeler Bürgerschaft zu tragen, um das Vertrauen in die Stadtverwaltung zu untergraben. Gleiches ist von der Interessengruppe Bürgerinitiative Privatpark Amiwiese zu erwarten, die mit der Stadt noch eine Rechnung offen hat. Mehrfach vor Gericht gescheitert, versucht man nun, mit Aktivismus vor der Wahl dem standhaften Bürgermeister eins auszuwischen.

Glücklicherweise wurde der Verkauf der Wiese zum Schnäppchenpreis an eine Gruppe von elitären Villenbesitzern vereitelt – Leute, die nicht dulden wollen, dass andere in ihrer Nähe genauso nett wohnen wie sie. Der Verkehr soll selbstverständlich woanders fließen, Investitionen verhindert, Infrastrukturprojekte zum Nutzen der Anderen sollen gestoppt werden! Sind das die ehrlichen Interessen einer Bewegung, die vorgibt, Bürger zu vertreten? Fehlt da die Weitsichtoder mag man nur zulasten anderer privilegiert in einer verkehrsberuhigten Zone wohnen?

Ständig wird von der Stadt Transparenz eingefordert. Wer verlangt diese eigentlich? Wie transparent sind denn Bürgerinitiativen? Gibt es gewählte Vertreter, wie werden diese legitimiert? Sind diese politisch tatsächlich unabhängig oder wem stehen sie nahe? Wer beschließt? Wie repräsentativ sind die Gruppen überhaupt, gibt es Mitgliederlisten, wie demokratisch sind sie organisiert, gibt es eine Satzung, wer muss wem gegenüber Rechenschaft ablegen und wie sieht es mit der Fachkompetenz in Sachen Stadtentwicklung aus? Oder reichen einige wenige Medienprofis mit Sendungsbewusstsein und Marketingerfahrung, um Volumen zu erzeugen? Die ständige Nörgelei und Miesmacherei in Bad Vilbel hat offenbar Methode und folgt einer Strategie. „Unabhängige“ Initiativen sollen den Bürgern weismachen, dass die Stadt ihre Interessen schlecht vertritt.

Das Gegenteil ist der Fall. Bad Vilbel hat sich in den letzten Jahrzehnten stets besser entwickelt als die Umgebung. Die Finanzen sind sogar in der Krise solide, die Leistungen der Stadt in der Region hoch anerkannt.

Wie aber soll denn der geforderte neue Politikstil aussehen – es bedient sich jeder im Namen einer diffusen Allgemeinheit, wie es ihm passt? Langfristige, hochkomplexe Millionenprojekte werden unter Aufsicht einer BI diskutiert und entschieden? Jeder, der eine Meinung hat, sammelt Unterschriften und versucht am Telefon so viele ältere Bürger wie möglich zur Teilnahme zu drängen?

Ich kann mir nicht vorstellen, dass es für Bad Vilbel von Vorteil ist, wenn mit hohen Risiken und Investitionen verbundene zukunftsweisende Aufgaben möglichst frühzeitig und unausgegoren auf den Markt geworfen werden, damit die Opposition sie aus parteitaktischen Gründen zerreden kann! Das ist keine Politik hinter den Kulissen, sondern schützt wichtige Vorhaben im Interesse der Stadt bis sie reif sind!

Die von Ihnen bemühte Demokratie und unser parlamentarisches System haben Spielregeln, Herr Wittstock, und die gelten auch für Sie! Wenn Ihnen und Ihren Anhängern Ihr Bürgersinn so wichtig ist und Ihnen vieles in Bad Vilbel nicht passt, warum engagieren Sie sich nicht wie viele andere Bürger schon seit Jahren in Parteien und im Stadtparlament? Da kann man Sie nicht ignorieren. Sie müssten dann aber auch Verantwortung für das übernehmen, was Sie im Moment so locker fordern, und darüber öffentlich Rechenschaft ablegen. Aber ich denke Sie stehen lieber über den Dingen und überlassen die zähe Parlamentsarbeit den Parteisoldaten. Unabhängige, gewählte Abgeordnete so zu diffamieren, ist eine Unverschämtheit an sich und belegt Ihr gespaltenes Verhältnis zur Demokratie, die von Ihnen offensichtlich nur dort akzeptiert wird, wo sie Ihnen nutzt.

Die Stadt verfolgt im Gegensatz zu Initiativgruppen langfristige Ziele im Interesse aller Bürger, nicht nur derjenigen die sich am lautstärksten bemerkbar machen. Das es dabei zu Interessenkollisionen kommt, lässt sich nur schwerlich vermeiden und liegt in der Natur der Sache. Ich kann jedenfalls im Zusammenschluss von BI keinen Vorteil für Vilbel erkennen.

Mathias Klug,

Bad Vilbel

LESERBRIEFE stellen nicht die Meinung der Redaktion dar. Kürzungen behalten wir uns vor.