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Wort zum Sonntag: Zeugnistag

Noch eine Woche, dann ist dieses Schuljahr geschafft. Dann gibt es endlich Ferien. Doch unmittelbar vor dem Start in die Ferien gibt es noch etwas mitunter weniger angenehmes: die Zeugnisse. Besonders unangenehm sind Zeugnisse dann, wenn sie böse Überraschungen beinhalten. Solche Überraschungen sind das Ergebnis unterschiedlicher Sichtweisen. Die persönliche Einschätzung oder auch Hoffnung des Schülers weicht in solchen Fällen von denen der Lehrer ab. Am Zeugnistag wird solch eine Differenz sehr unangenehm sichtbar. Das ist dann enttäuschend.

Das Thema mit den Zeugnissen und entsprechenden Erfahrungen bleibt nicht nur auf die Schulzeit beschränkt. Auch im späteren Leben gibt es immer wieder solche böse Überraschungen, wenn sich die eigene Sichtweise als die falsche entpuppt und man die entsprechenden Konsequenzen zu spüren bekommt. Ob man sich in Menschen getäuscht oder sich selbst überschätzt hat, die spätere Erkenntnis ist häufig schmerzhaft.

Vor solch bösen Überraschungen möchte uns Jesus bewahren. Deshalb erzählte er sehr anschaulich von einem großen Zeugnistag am Ende der Zeit. Im Matthäusevangelium 25,31-46 lesen wir von dieser Rede Jesu. Auch hier gibt es große Überraschungen. Da erhalten einige ein Sehr Gut und andere ein Ungenügend, die gar nicht damit gerechnet haben. Jesus erklärt aber den Maßstab seines Urteils: „Ich versichere euch: Was ihr für einen meiner geringsten Brüder oder für eine meiner geringsten Schwestern getan habt, das habt ihr für mich getan.“ Man mag sich verwundert fragen, was mit all den religiösen Übungen ist, was mit Taufe und Kirchenzugehörigkeit. Doch Jesus geht es ganz offensichtlich nicht um Formalien und Pflichtübungen. Jesus urteilt nicht nach (Lippen-)Bekenntnissen, sondern gemäß der Taten gegenüber den Geringsten. Diese Rede Jesu hinterfragt unsere eigenen Urteilskriterien. Wann sind wir in unseren Augen gut und wann sind andere fehlerhaft? Jesus macht uns hier vorsichtig darauf aufmerksam, dass unsere menschliche Sichtweise zu unserem eigenen Schaden mitunter illusorisch ist. Es geht ihm nicht darum, mit uns abzurechnen oder uns gar bloßzustellen. Er will uns vor bösen Überraschungen und herben Enttäuschungen bewahren. Kriterien, wonach wir Menschen uns gerne beurteilen und voneinander unterscheiden, spielen bei Jesus keine Rolle. Für Jesus ist die Beziehung zu ihm ausschlaggebend. Diese Beziehung vermittelt uns eine andere Sichtweise, auf uns selbst als auch auf andere: „Denn wenn jemand mit Jesus Christus verbunden ist, spielt es keine Rolle, ob er beschnitten oder unbeschnitten ist. Das einzige, was zählt, ist der Glaube – ein Glaube, der sich durch tatkräftige Liebe als echt erweist.“ (Galater 5,6) Solch einen Glauben wünsche ich Ihnen durch Jesus Christus.

Pastor Clemens Breest

Freie evangelische Gemeinde

Bad Vilbel