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Appetit auf Lesen – Literaturpapst stellte Neuerscheinungen auf Einladung des Vereins Leselust vor

Schöneck. Buch um Buch wandert aus dem schwarzen Koffer auf seinen Tisch, bis der Herr mit der roten Krawatte hinter einem Berg von Druckwerken fast verschwindet. Zwischen Büchern ist sein Refugium, hier kann er sich und die Literatur inszenieren. Als Gast beim Schönecker Verein Leselust und der Leseland-Reihe des Landes Hessen präsentierte Denis Scheck Neuerscheinungen, informierte, resümierte und machte heiter, eloquent, gleichwohl auf Augenhöhe mit den Zuhörern, Appetit auf Lesen.

Sein Bücherberg ist nur ein winziger Teil der jährlich 90 000 Neuerscheinungen auf dem deutschen Büchermarkt. Wer kann das alles lesen? „Wenn Sie in eine Bäckerei gehen, glauben Sie auch nicht, alles essen zu müssen“, beantwortet er die oft gestellte Frage. „Kritiker sorgen für die Reduktion von Komplexität“, beschreibt Scheck seine Rolle. Er stelle Werke vor, die für ihn Bedeutung haben. Den Gewinn für den Leser benennen nicht die Bestsellerlisten. Sie listen nur die meistverkauften Bücher auf. „Müssten sie nur die meistverkauften Mahlzeiten essen, würden Sie auch zurückschrecken.“ Einige spezielle Produkte habe er zu Hause im „Doofenregal“. Oliver Kahn etwa oder „Zu Gast bei prominenten Hunden“. Zwischen zwei Buchdeckeln könne man den Deutschen ja alles verkaufen. „Dabei haben wir eine hervorragende Literatur durch alle Altersschichten.“

Das Unverblümte ist Schecks Stärke. Aus dem Stegreif plaudert er über Lesevergnügen. Ob Märchen, amerikanische Moderne oder argentinische Neuerscheinungen – gute Literatur mache gute Laune. Ein kleines Märchen aus Nikolaus Heidelbachs „Märchen der Welt“ setze dem Tag ein Glanzlicht auf. „Beseligungslektüre“ nennt er auch Bücher wie Cornelia Funkes neues Buch „Reckless“. Es öffne dem Leser Türen.

Das neue Buch von Günter Grass „Grimms Wörter“ sei eine Liebeserklärung an die deutsche Sprache. Die Erzählung ist der dritte Teil von Grass’ Autobiografie und rekapituliere seine politische Entwicklung. Die „großen Klopper“, wie Scheck sie nennt, kommen überwiegend aus den USA, darunter Jonathan Franzens „Freiheit“. Es sei eine „Meditation über Privatheit und politisches Leben“. Das deutschsprachige Krimiwunder Hans Haas hat nicht nur eine hochgelobte Reihe über seinen Kommissar Brenner geschrieben, sondern auch das Kinderbuch „Die Gans im Gegenteil“. An solchen Büchern lese man sich klug. Die Empfehlungen Schecks erstreckten sich über 90 Minuten. Wie viele Stunden die Lektüre beansprucht, das ist nicht bekannt. (rec)