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Kommendes wahrnehmen – Das Wort zum Sonntag

Als mein Sohn laufen lernte, musste er schmerzhaft lernen, dass man dabei nach vorne schauen muss. Er hat sich am Anfang oft nach vielem umgedreht, ist weiter gelaufen, und dann hingefallen oder hat sich angestoßen. Es war nie wirklich schlimm. Es gab ein paar Tränen, ich habe ihn getröstet und er ist weiter gelaufen. Er hat rasch gelernt: beim Laufen muss man nach vorne schauen. Beim Leben auch, sonst verpasst man den Weg und übersieht viel Schönes.

Ich kenne einige Menschen, die das leider anders machen. Sie erinnern sich gerne und stets an das Vergangene. Das war schön und gut. Jetzt ist alles schlechter und schlimmer und das Künftige kann eigentlich nur noch schlimmer werden. Es ist, als würden sie beim Laufen immer nach hinten schauen. Ich kann das verstehen, gerade wenn man viel verloren hat: einen geliebten Menschen, Gesundheit, die Arbeitsstelle, eine Liebe. Aber es tut nicht gut. Wer nur nach hinten schaut, bleibt immer beim Verlust und kann das Schöne und Gute, das auch noch kommen wird, gar nicht wahrnehmen.

Ganz anders sind Menschen, die nach vorne schauen, die sich dem Kommenden stellen und ihre Zukunft mitgestalten wollen, egal wie viel Spielraum sie dazu noch haben. Es ist eine Einstellung, die vom Leben, die von Gott, immer auch etwas Gutes erwartet. Das Vergangene wird zur Erinnerung, die uns auch im Leben begleitet, aber eben nicht mehr bestimmt.

Ich denke, das will auch die Jahreslosung für 2007 ausdrücken. „Siehe, ich will ein Neues schaffen, jetzt wächst es auf, erkennt ihr’s denn nicht?“ (Jesaja 43, 19a) Das ist Gottes Aufforderung nach vorne zu schauen. Gott will Neues schaffen und will uns ermuntern, voller Vertrauen darauf zuzugehen, unser Leben in Angriff zu nehmen und zu entdecken, wo und was er uns zeigen will. Das heißt nicht, dass uns im kommenden Jahr alles gelingen oder nur Glück begegnen wird. Das heißt aber, dass Gott uns begleiten wird und dass wir – wenn wir darauf achten – auch Gottes Segen entdecken. Denn man kann leider auch daran vorbeigehen. Ich fürchte, das stetige Zurückschauen ist eine der besten Möglichkeiten, Gottes Segen zu übersehen. Aber das wäre schade. Deshalb möchte ich vor allem offen für Gottes Heil sein, das er mir ganz gewiss im kommenden Jahr schickt. Ich möchte in dieses Jahr 2007 gehen und dabei nach vorne schauen. Darum freue ich mich und wünsche Ihnen dasselbe.

Ihre Pfarrerin Ulrike Mey, Ev. Christuskirche Bad Vilbel