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Übersetzerin wird 90 – Hörspielagentin Maria Kernke: „Ich find es absolut blödsinnig, den 90. zu feiern!“

Bad Vilbel. „Ich find es absolut blödsinnig, den 90. Geburtstag zu feiern!“ Das sagt Maria Kernke aus Bad Vilbel, die heute dieses Alter erreicht. Dennoch hat sie sich von einer Freundin überreden lassen, gemeinsam zu essen. „Wir wollen wieder Mal gemütlich zusammen sitzen können.“ Doch dann kommt Kernke auf ihren Beruf. „Im Moment kann ich es etwas ruhiger angehen, denn die Nachfrage nach französischen Hörspielen hat etwas nachgelassen“, erklärt die literarische Agentin. 62 französische Autoren übersetzt sie, vermittelt deren Hörspiele an die deutschen Rundfunkanstalten.

Geboren am 9. August 1918 in Danzig als Tochter eines Pfarrers hatte Maria Kernke „mit meinen reizenden Eltern und einer süßen Schwester eine schöne Kindheit“. Obwohl sie miterlebte, wie ihrem Vater vorgeworfen wurde, er versuche die polnische Gemeinde, die er betreute, zu „germanisieren“. Das Konsistorium versetzte ihn in die Nähe von Berlin. Dort radelte Maria jeden Tag zur Schule, später zur Uni, an der sie Französisch und Englisch studierte, schließlich zum Rundfunksender RIAS, bei dem sie in der literarischen Abteilung arbeitete und Kontakte knüpfte, die sich noch als sehr wichtig für ihr späteres Leben erweisen sollten. 1940 heiratete sie, folgte ihrem Mann nach Westfalen. Das Paar fand vor 40 Jahren die Wohnung im Haus damals junger Menschen auf dem Niederberg. Dort fühlt sich Kernke auch nach dem Tod ihres Mannes wohl. Mit ihm gründete sie vor über 50 Jahren ihre Agentur. „Es gab keine französischen Hörspiele. Er hat sich um das Pekuniäre gekümmert, damit ich Zeit für das Literarische hatte“, erzählt sie. „Die Arbeit ist bis heute immer spannend.“ Mit den meisten Autoren, die sie vertritt, ist sie befreundet. In literarischen Kreisen ist die Agentin unter ihrem Künstlernamen Maria Frey bekannt.

Sie hätte sich gefreut, wenn sie, wie geplant, Besuch ihrer drei Stieftöchter erhalten hätte. Sie leben in Kanada und USA, mussten aus Gesundheitsgründen absagen. Dafür haben sie eine Karte geschickt. „Hören Sie mal, die spielt ‚Happy Birthday‘“, freut sie sich.