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Blick ins Grüne erhalten-Anwohner in Petterweil wollen Baugebiet mit neuen Häusern an der Riedmühlstraße verhindern

Karben. Gabriele Leverenz legt ihren Aktenordner auf den Wohnzimmertisch und schlägt ihn auf. Er ist prall gefüllt, obwohl die Petterweiler ihre Bürgerinitiative „Kein Baugebiet Riedmühlstraße“ erst vor zwei Wochen gegründet haben.

Kurz nach 19 Uhr ist das Wohnzimmer von Michael und Brigitte Walke gut gefüllt. Die zehn Anwohner aus der Riedmühlstraße vereint ihr Widerstand gegen die geplante Bebauung der nördlichen Straßenseite. „Das wollen wir nicht haben“, sagt Walke.

Zu ganz unterschiedlichen Zeiten zogen sie an den Ortsrand. Gabriele Leverenz, gelernte Fachwirtin in der Immobilien- und Wohnungswirtschaft, vor fünf Jahren, die Walkes vor 35 Jahren, ein Seniorenpaar bereits vor 66 Jahren. „Als ich das Haus baute, sagte man mir, das sei eine unbebaubare Ortsrandlage“, erinnert sich Michael Walke. „Und das Geld habe ich auch bezahlt.“

Diesen Blick ins Grüne, in die Aue des Riedmühlgrabens, wollen sich die Anwohner nicht verbauen lassen. Denn genau das plant die Stadt Karben derzeit. Bürgermeister Guido Rahn (CDU) gibt ganz offen zu: „Wir brauchen das Geld.“ Er will eine halbe Million Euro erlösen. Das Geld solle die zwei Millionen Euro teure Sanierung der Sporthalle im Stadtteil zumindest teilweise finanzieren.

Dass sich die Bürger ausgerechnet jetzt im Wahlkampf zusammenschließen, sorgt im Rathaus für Verwunderung. Schließlich startete das Parlament die Planungen schon 2008. Rahn mutmaßt deshalb, dass die BI „maßgeblich von der SPD gesteuert“ sei. Die Bedenken der Anwohner würden natürlich im Planungsverfahren ganz korrekt aufgenommen und abgewogen. Die Bebauung der anderen Straßenseite treibt die Koalition aus CDU, Freien Wählern und FDP voran. Dort zu bauen, erscheint ihr logisch: Erstens sind die Grundstücke voll erschlossen. Und in der östlichen Hälfte ist die Riedmühlstraße seit den 1970er Jahren ebenfalls beidseitig bebaut.

Das lassen die Anwohner nicht gelten. Seit der Gründung ihrer BI haben sie schon viel herumtelefoniert und sich kundig gemacht. Ergebnis: Wo die Stadt bauen darf, schreibt demnächst der Regionale Flächennutzungsplan fürs Rhein-Main-Gebiet vor. Den hat sich Leverenz vom Planungsverband zusenden lassen. Eine Kopie in Klarsichtfolie gibt sie ihrem Sofanachbarn Christian Grünhage.

„Der Planungsverband“, berichtet sie, „hat den Wunsch der Stadt Karben abgelehnt, dort Bebauung zuzulassen“ – „aus landschaftsplanerischen Gründe wegen einer Vielzahl entgegenstehender Belange“, zitiert sie aus dem Akten. Die Idee zur Bebauung sei 1975 erstmals aufgekommen, erklärt der Senior in der Runde. Der 85-Jährige will seinen Namen nicht nennen, „sonst gibt das nur Probleme“. An die Zeit erinnert er sich gut. „Damals gründete sich eine Bürgerinitiative, weil Bürgermeister Paul Schönfeld (SPD) bauen wollte, weil er Geld für sein Schwimmbad brauchte.“ 250 Unterschriften verhinderten das Vorhaben nicht. 15 Häuser in der östlichen Riedmühlstraße wurden gebaut.

Weitere 15 Häuser wollen die Anwohner heute unbedingt verhindern. Auch, dass sich die Stadt durch ein Hintertürchen schleicht. Sie wolle das Baugebiet nur als Arrondierung der bestehenden Bebauung auslegen – was Bürgermeister Rahn bestätigt. „Ob und wie das möglich ist, prüfen wir derzeit.“ Dass die Stadt nun prüft, „macht mich hellhörig“, sagt Gabi Leverenz. Schon einmal, vor vier Jahren, meldeten sich die Anwohner mit Bedenken zu Wort. Weil die Fläche im Hochwassergebiet liege, sei sie für Wohnhäuser nicht geeignet. „Schon heute steht der Schlamm bei starkem Regen im Baugebiet Sportplatz auf den Straßen“, berichtet Michael Walke.

So sind die Anwohner guter Dinge, dass die Stadt nicht durchkommt. „Ich habe mit dem Regierungspräsidium Kontakt aufgenommen und da würde man nicht zustimmen“, sagt Leverenz. Als nächstes wolle man mit Landrat Joachim Arnold (SPD) sprechen.

Auch in Petterweil wollen die Anwohner den Kreis ihrer Unterstützer erweitern. 30 Mitstreiter sind sie bisher. „Ich habe da mal eine Unterschriftenliste entworfen“, berichtet Gabi Leverenz und reicht sie herum. Außerdem wollen die BI-Aktiven Flugblätter verteilen.

Kontakt zur Bürgerinitiative: Gabriele Leverenz, Telefon (0 60 39) 48 87 37