Veröffentlicht am

Botschaften auf grauer Wand – Stadtmarketing aktiv – Sprayer Felix und seine Freunde bringen Farbe in die Quellenstadt

Bad Vilbel. „Eindeutig gewonnen“ hat die Rückseite des Woolworth-Kaufhauses nach übereinstimmender Ansicht von Passanten, Vertretern des Vereins Stadtmarketing und Woolworth-Geschäftsleiterin Franziska Richter. In der vergangenen Woche war dort der Bad Vilbeler Sprayer Felix mit Freunden kreativ tätig, um die wenig ansehnliche Hauswand mit dem Ladetor kreativ zu gestalten. „Es ist nach dem Hassia-Schuppen am Nordbahnhof die zweite private Fläche in der Stadt, die für Graffiti zur Verfügung gestellt wurde“, berichtet Stadtmarketing-Chef Kurt Liebermeister, der den Kontakt zwischen Richter und Felix hergestellt hat.

„Positives“ sollen die Figuren und Schriftzüge vermitteln, die Felix unter ein anspruchsvolles Thema gestellt hat. „Ich blute, wenn ich geschnitten werde. Ich schreie, wenn ich verletzt bin. Ich lächle, wenn ich glücklich bin. Sag mir, dass ich schwach bin, und ich fühle mich stärker als je zuvor. Vorzugeben, etwas zu sein, was du nicht bist, das ist Schwäche. Bist du schwach?“ So etwa kann der Spruch aus dem Englischen übersetzt werden, den Felix über seine Arbeit gestellt hat. Er ist neben zwei weiteren Botschaften, die verschlüsselt gesprayt sind, auf der Hauswand zu lesen, sofern man der Entzifferung von Felix’ Graffiti-Schriftzügen mächtig ist. „Wer sich diese Mühe nicht machen will, dem bleiben die Farben und Formen der Bilder“, sagt der Künstler. Er hat auch um Ecken und in Form von Häusern geschrieben und einen Teil des Textes auf einem Schaltkasten komprimiert.

Die Sprüche mit rot-lila-blautönigem Hintergrund sind eingerahmt von zwei in Schwarz-Weiß gehaltenen bildlichen Darstellungen. Da ist links der mehrere Meter hohe Vater mit seinem Sohn, rechts auf dem Rolltor der Ladefläche ist ein Träumer entstanden, der unter einem Baum dösend seinen Gedanken nachhängt. „Bei dem Tor hatten wir wegen der einzelnen Lamellen etwas Bedenken, aber das ging sehr gut“, berichtet Felix. Keine Scheu hatte er, zusammen mit seinen Freunden eine Tür so perfekt in das Kunstwerk zu integrieren, dass sie praktisch unsichtbar wurde. „Wer rein und raus muss, weiß, dass sie da ist. Das genügt“, befindet Richter.

Seit sie im März die Leitung des Kaufhauses übernommen hat, habe sie sich über die unansehnliche Rückfront geärgert. Deshalb hat sie Kontakt mit dem Stadtmarketing aufgenommen und Liebermeister hat Felix vermittelt. Der stellte daraufhin Richter sein Konzept vor, erntete Zustimmung und bekam von Woolworth die Wand und die Farben zur Verfügung gestellt. Mit zwei Freunden und viel Ehrgeiz legte er los, doch Regengüsse bremsten zunächst den Tatendrang. Deshalb gaben die Jungs in den trockenen Phasen umso mehr Gas und legten sogar noch Abendschichten ein. Deshalb wurde das Kunstwerk pünktlich zum Sommerfest unter dem doppelt passenden Motto „Entdecke deinen Woolworth neu“ fertig. Zum Schluss entstand der Hinweis: „Sponsored by Woolworth“.

Werbung zu machen sei eigentlich gar nicht sein Ding, erzählt Felix. „Aber ich hatte sonst ziemlich freie Hand und diese Ecke war eine wirklich spannende Herausforderung. Das ist schon in Ordnung.“ Felix braucht seine künstlerische Freiheit und Raum für spontane Ideen. Vorgaben engen ihn ein und hindern ihn an künstlerischer Entfaltung: „Es gibt Dinge, die will ich nicht und kann ich nicht.“ Er nennt ein Beispiel: „Bei einem Reh mit Lichtung wäre die Schmerzgrenze absolut überschritten.“

„Träumer mit Baum“ oder „Vater mit Sohn“ hat er hingegen „in Kombination mit Schrift und abstrakten Elementen wirklich gut“ drauf, wie auch Stadtmarketing-Geschäftsführer Gaetano Oehmichen kurz vor der Vollendung feststellte. Was neben ihm auch Franziska Richter irritiert, sind runterlaufende Farbschlieren. Allerdings haben die beiden gelernt: „Die stammen nicht vom Regen, sondern gehören dazu und machen das Graffiti authentisch.“