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Einzigartige Kirche – Evangelisches Gotteshaus in Klein-Karben soll weiter saniert

Die Klein-Karbener haben ein echtes Schätzchen: Ihre evangelische Kirche sucht nördlich der Alpen ihrergleichen. Mit einem Kraftakt soll das Gotteshaus nun fertig saniert werden, sein Umfeld ebenso. Der Pfarrer will das für einen Aufbruch der ganzen Gemeinde nutzen.

Karben. Als Kind, erinnert sich Hans Fuchs, sei der Pfarrgarten der Spielplatz der Jungs im Dorf gewesen. „Da haben wir rumgetobt“, erzählt er und schmunzelt. Mehr als ein halbes Jahrhundert ist das her. Fuchs hat danach jahrzehntelang als Kaufmann den Laden im Ort geführt. Und als Katholik die evangelische Kirche „etwas aus den Augen verloren“.

Das geht wohl manchem Klein-Kärber so. Doch nun ruft St. Michaelis nach den Einwohnern: In einem Kraftakt soll die seit 1995 laufende Sanierung vervollständigt werden. Hans Fuchs gehört zu jenen, die helfen: Spontan erklärte er sich bereit, im Team für die Sanierung mitzumachen. „Die ganze Gemeinde ist mir sehr sympathisch“, findet Hans Fuchs. „Es geht hier sehr offen zu.“

In den nächsten Monaten will das Team um Ulrich Kussmaul die Bevölkerung um Hilfe beim Sanieren bitten. „Die Feuerwehr steht voll dahinter“, sagt ihr Urgestein Franz Wagner. Auch Brigitte Stroh, Horst Wolf, Jörg Weitzel und Willi Hilgers machen im Team mit.

Gemeinde im Aufbruch

Das Ziel: 2015 sollen Kirche und Pfarrgarten fertig saniert sein. Das Gotteshaus braucht noch eine neue Heizung, denn Feuchtigkeit setzt Orgel und Holz zu. Die Holzstützen der Empore müssen vom Hausschwamm befreit und restauriert werden. Der Außensockel braucht neuen Putz. Damit das Kircheninnere barrierefrei erreichbar wird, soll der Sakristei-Eingang geöffnet werden. Noch dieses Jahr sollen die Hohlblocksteine, die in den 1950er-Jahren in den gotischen Durchgang gemauert wurden, herausgebrochen werden. „Aufbruch“ nennt die Gemeinde ihr Projekt deshalb.

Obwohl sie die größte evangelische Gemeinde in der Stadt ist, ist das Vorhaben doch riesig: Allein die Arbeiten in diesem Jahr mit Türaufbruch, Stützensanierung und Sockelverputz kosten wohl 60 000 Euro, wovon die Landeskirche nur zwei Drittel trägt. Den Rest will der Kirchenvorstand um Norbert Greulich über Spenden reinholen. Aktionen mit Geselligkeitsfaktor wie Weinverkauf und Benefizkonzerte sind geplant.

Auftakt war ein Gottesdienst am Sonntag. Pfarrer Werner Giesler will den Initiativ-Schwung nutzen, um die Gemeindearbeit anzukurbeln. „Vieles schleift sich so ein Stückchen ein“, zu selbstverständlich verlasse man sich auf ehrenamtliche Helfer. Dabei drohe die Kirche aus dem Auge zu verlieren, attraktiv zu bleiben. Jungen Familien beispielsweise fehle immer öfter Zeit, weshalb Kindergottesdienste immer schlechter besucht seien. „Und die Konfirmanden sagen mir klar: Was sonntags um 10 Uhr in der Kirche passiert, spricht mich nicht mehr an“, erklärt Giesler. Die Gemeinde müsse sich Gedanken machen, wie das kirchliche Leben künftig aussehe.

Eine Oase im Ort

Das Engagement lohne sich für ganz Klein-Karben, findet der Pfarrer. Kirche und Pfarrgarten seien „ein Stück Oase im Ort“. Der Garten soll ebenfalls erneuert, dabei die historische Wehrmauer restauriert werden, die den Einwohnern über Jahrhunderte in Kriegen Schutz bot. Für die Menschen heute sei eher der Blick aus dem Garten übers Niddatal bis Frankfurt ein Erlebnis, räumt Norbert Greulich ein. „Die weite Sicht ist toll, das bringt einem große Ruhe.“

Nicht nur die Kärber wissen das zu schätzen, auch Auswärtige machten immer öfter Station im Garten: Das evangelische Gotteshaus ist nämlich eine Station der Bonifatiusroute, des katholischen Pilgerweges. Mit gutem Grund: In Form eines griechischen Kreuzes angelegt, ist die St.Michaelis-Kirche einzigartig in der Wetterau und eine Seltenheit nördlich der Alpen. Sie gilt unter Fachleuten als schönste Bauernkirche der ganzen Wetterau.

Das erklärt Ulrich Kussmaul mit Stolz und zeigt auf das restaurierte Fresko mit der Heiligen Margaritha, die einen Drachen als Schoßhund hält. „Das ist doch absolut sehenswert.“ (den)