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»Es geht nur gemeinsam«

Gabriele Ratazzi-Stoll hat die Entwicklung des Karbener Familien- und Mütterzentrums (MüZe) entscheidend geprägt. Foto: Patrick Eickhoff
Gabriele Ratazzi-Stoll hat die Entwicklung des Karbener Familien- und Mütterzentrums (MüZe) entscheidend geprägt. Foto: Patrick Eickhoff

Karben. Seit fast einem Vierteljahrhundert ist Gabriele Ratazzi-Stoll Mitglied des Mütter- und Familienzentrums (MüZe) in Karben. Jetzt ist die Vorsitzende für ihr großes Engagement mit dem Bürgerpreis der Stiftung der Sparkasse Oberhessen ausgezeichnet worden.
Hätte man Gabriele Ratazzi-Stoll vor vielen Jahren gesagt, wie entscheidend sie die Entwicklung des Karbener Mütter- und Familienzentrums mitprägen würde – sie hätte vermutlich gelacht. »Dass es mal so kommt, das war nicht absehbar, als ich mich nach der Geburt meines Sohnes für die ersten Kurse angemeldet habe«, sagt sie. Heute ist die 64-Jährige seit 16 Jahren Vorsitzende und hat aus dem kleinen Verein Mütterzentrum Karben ein Familienzentrum und Mehrgenerationenhaus gemacht, das weit über die Karbener Stadtgrenzen hinaus bekannt ist. »Das habe ich natürlich nicht alleine gemacht. Ohne all die Kolleginnen und Kollegen und zahlreichen Ehrenamtler wäre das nicht möglich gewesen.«
Vom ersten Kurs
in den Vorstand

Zurück zum Anfang: Ratazzi-Stoll kommt 2000 zum Müze, das damals noch in einem Fachwerkhaus in Okarben beheimatet ist. »Pekip- und Rückbildungskurs – was man halt nach der Schwangerschaft so macht«, sagt sie. Ratazzi-Stoll bleibt auch nach den Kursen an Bord, wird in der Internet- und Programm-AG und selbst als Kursleiterin für PC-Kurse aktiv. »Wir haben die erste Homepage aufgebaut und das Programm weiterentwickelt. Meine Kinder besuchten den Müze-Minikindergarten, den es heute noch gibt und der bei den Eltern sehr beliebt ist.« Schnell kommt sie in den Vorstand und wird Kassenfrau fürs Personal.
Ratazzi-Stoll tritt anschließend wieder kürzer. Die Pause soll nicht von langer Dauer sein. Nach einem Jahr ist sie wieder zurück – und wird 2008 zur Vorsitzenden gewählt. »Das Müze musste umziehen und in dieser herausfordernden Situation hat es einen neuen Vorstand mit einer Vision gebraucht. Nachdem ich schon einige Jahre Zeit und Energie investiert hatte, wollte ich den Verein in der schwierigen Situation nicht im Stich lassen.« Sie habe damals schon viel Potenzial erkannt.
Heute hat das Müze seine Räumlichkeiten in Burg-Gräfenrode bezogen und ist ein Haus der Begegnung, in dem es Raum für Orientierung, Anerkennung, Vertrauen und Geborgenheit gibt. Die Angebote reichen vom Minikindergarten über das Reparatur-Café bis zum Computerschreiben für Erwachsene. Ein Blick ins Programmheft zeigt: Bei den Kategorien »Kinder und Jugendliche, Schwangere und Eltern, Babys und Kleinkinder, Kreatives und Kochen, Körper und Seele sowie alle Generationen kommen im wahrsten Sinne des Wortes wirklich alle auf ihre Kosten. »Wir sind seit einigen Jahren auch Teil des Bundesprogramms Mehgenerationenhaus«, sagt Ratazzi-Stoll.
Das macht sich auch beim Personal bemerkbar. »Wir haben derzeit 15 Teilzeitkräfte, die zeitversetzt arbeiten, da nicht genug Büroraum zur Verfügung steht.« Das seien umgerechnet etwa sechs Vollzeitstellen. Als sie damals zum Verein kam, da waren es gerade mal vier Mini-Jobber. Zusätzlich habe man dieses Jahr wieder eine FSJlerin. »Außerdem geht hier gar nichts ohne all die Ehrenamtlerinnen und Ehrenamtler.« Diese würden auch gezielt gefördert, beispielsweise mit Weiterbildungen.
Das sei das Besondere am Müze. »Jeder kann das einbringen, was er kann. Getreu dem Motto »Gemeinsam schaffen wir, was wir möchten und brauchen«. Aus dem Hobby kann hier schnell ein Kurs werden.« So sei das auch bei ihr gewesen, sagt Ratazzi-Stoll und lacht.
Private Pläne und
ein Wohnmobil

Weitere Projekte sind zwar in der Pipeline, stehen aber derzeit etwas hintan, weil das wohl größte Unterfangen seit Jahren ansteht: ein Neubau. »2025 soll es so weit sein.« Dann zieht das Müze an den Ortseingang von Roggau (diese Zeitung berichtete). »Wir sind schon in Gesprächen mit dem ASB, was wir dort gemeinsam auf die Beine stellen können. Im aktuellen Haus haben wir keine Kapazitäten mehr. «
Langfristig müsse das Ziel sein, eine hauptamtliche Geschäftsführung zu installieren. »Den Wunsch haben wir auch beim Bürgermeister zum Ausdruck gebracht.« Ratazzi-Stoll möchte über kurz oder lang kürzertreten. Die Koordination fürs Mehrgenerationenhaus hat sie 2021 abgegeben. »Ich habe auch noch viele private Pläne«, verrät sie. Gemeinsam mit ihrem Mann, der sich ebenfalls im Müze ehrenamtlich einbringt, hat sie ein Wohnmobil gekauft. »Wir waren in Nordspanien auf Rundreise, jetzt soll Skandinavien folgen.«
Von Patrick Eickhoff