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Esche-Ärger hat ein Ende – Umstrittener Baum im Gronauer Weg in Rendel ist nun ohne weitere Ankündigung gefällt worden

Karben. Um 9.10 Uhr zerreißt das Aufheulen einer Motorsäge die Ruhe in Rendel. Baumpfleger Felix Jahn (33) setzt an den ersten Ästen fünf Meter über dem Gronauer Weg an. Knacksend fallen die unbelaubten Äste auf den Straßenasphalt.

Inge und Dieter Eitel schauen vom Wohnzimmerfenster über ihren Hof hinweg zu. „Ich habe immer die Luft angehalten, ob nicht doch etwas Schlimmeres passiert“, sagt Inge Eitel. Der stattliche Baum untergrub mit seinen Wurzeln binnen seines 65 Jahre langen Lebens nicht bloß Gehweg und Straße, sondern auch die Einfriedungen der Grundstücke und – am schlimmsten – Eitels Wohnhaus.

Dort durchlöcherten die Wurzeln mehrfach Leitungen. Die Kloake stand im Keller. Eitel und die anderen Anwohner fürchteten, dass die Wurzeln Ähnliches mit der Gasleitung anstellen könnten. Fachleute beruhigten die Rendeler. „Das hat mich nie überzeugt“, sagt Inge Eitel. Und bei jeder Reparatur hätten ihr die Arbeiter angekündigt: Das passiert bald wieder, die Wurzeln wachsen ja weiter.

Seit 15 Jahren bat Eitel im Rathaus um Abhilfe, biss unter Rot-Grün aber auf Granit. Zweimal stoppte SPD-Bürgermeister Roland Schulz bereits beschlossene Fällungen. Die Ärger-Esche wurde zum Politikum: Die einen wollen sie erhalten, sie sei ortsbildprägend. Reparaturen und Reinigungen kosteten viel zu viel Geld, sagen die anderen. Erst mit dem Wechsel im Rathaus zu Bürgermeister Guido Rahn (CDU) diesen April wurde der Weg frei. Rahn hatte die Fällung im Wahlkampf versprochen. Er musste nur noch die Vegetationsperiode abwarten. Als es soweit ist, lässt sich Rahn jedoch nicht in Rendel blicken, schickt Vizebürgermeister Gerd Hermanns (FW) vor. Der hatte den Termin extra unter Verschluss gehalten. „Wir wollen hier keine Proteste, sondern die Situation befrieden.“ Während die Motorsäge kreischt, scheint das zu gelingen. Fast alle Passanten sind zufrieden. „Wurde auch Zeit“, sagt ein vorbeiradelnder Mittfünfziger. „Um den Baum wurde schon viel zu viel Trara gemacht.“ Eine Nachbarin vom Ende der Straße aber ist außer sich: „Das tut mir weh.“ Den Baum nur wegen der Schäden bei Dieter Eitel zu fällen, empfindet sie als übertrieben.

Baumpfleger Felix Jahn blickt auf die Baumscheibe mit ihrem 80-Zentimeter-Durchmesser: „Kerngesund, das hätte man anders lösen können.“ Stadtrat Hermanns widerspricht. „Es ist ohne Zweifel ein schöner Baum gewesen, aber er stand einfach am falschen Platz.“

Wo die Ersatzbäume hinsollen, wird nun der Ortsbeirat entscheiden. Die Fachfirma will den Baumstumpf in dieser Woche noch 40 Zentimeter tief ausfräsen. Dann soll ein ebener Gehweg hergestellt werden. „Das war ja auch eine Frage der Verkehrssicherheit“, erinnert Stadtrat Hermanns. Fußgänger mussten bislang über die Fahrbahn ausweichen.

Der Fäll-Wunsch fiel selbst Dieter Eitel nicht leicht: „Es tut mir wirklich leid um den Baum, aber wir können nicht mehr ruhig schlafen.“ Um diese Sorge loszuwerden, versprach er der Stadt eine Spende über 500 Euro für einen neuen Baum. Das Versprechen machte der pensionierte Steuerberater gleich am Nachmittag wahr, als die Grünarbeiter abgerückt waren. Da fuhr Eitel auf die Bank und reichte die Überweisung an die Stadtkasse ein. Verwendungszweck: „Ersatzpflanzung Ärger-Esche“. „Guido Rahn hat es mir ja versprochen, dass der Baum gefällt wird“, sagt Dieter Eitel. „Daran habe ich geglaubt.“ (den)