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Hübsch und doch giftig – Beliebte Pilzwanderung des Karbener Naturschutzbundes mit vielen Besuchern

Karben. Der zottige Schichtpilz ist auf keinen Fall etwas für die Pfanne. „Knochenhart, möchte jemand reinbeißen?“, fragt Pilzexperte Wolfgang Schößler aus Gießen und fährt mit den Fingern über den filzig-ledrigen Fruchtkörper. Appetitlich sieht der blässliche Pilz aus der Familie Chondostereum nicht gerade aus, aber das muss er auch nicht. „Pilze sind nicht für den Kochtopf da, sondern erfüllen eine wertvolle Aufgabe im Ökosystem Wald“, hatte Schößler zuvor gemahnt. Mit einer Gruppe von dreißig Pilzliebhabern und Naturfreunden, die einer Einladung des Naturschutzbundes Karben (Nabu) gefolgt sind, steht er auf einem Waldweg im Hessenwald und sorgt für Klarheit über Zersetzer, Parasiten und Lebenskünstler aus der Wunderwelt der Pilze.

Sammelkörbe wurden gleich ins Auto verbannt, denn die Pilzarten sollten zwar bestimmt, aber nicht gegessen werden. Den zottigen Schichtpilz hatte Nadine (9) entdeckt und den Pilzexperten zu der Fundstelle inmitten von verrotteten Zweigen und Laub geführt. Fast einer Blume gleich saß er auf einem krümeligen Ast und erwies sich als fleißiger Zersetzer von organischer Materie. „Was oberhalb der Erde zu sehen ist, ist immer nur ein Teil des Pilzes“, erklärte Schößler und erinnerte daran, dass Pilze im Boden sowie in Holz und in Pflanzen ein wurzelähnliches Geflecht bilden und so ihren Stoffwechsel organisieren. „Mycel heißt das“, sagt prompt Nadine, die gerade Pilze in der Schule durchgenommen hat und nun über Pilze, Substrat und Wirtspflanzen mehr weiß, als mancher Erwachsene.

Der Schichtpilz wird nach erfolgter Bestimmung wieder abgelegt und das nächste Rätselraten beginnt. Im Schneckentempo bewegt sich die Gruppe durch den Wald, stolpert durchs Laub und über Äste, findet auf Schritt und Tritt Pilze: Kleine und große, mit und ohne Hut, schlauchförmige und hirschhornartige. Feucht ist es in dem Laubwald, warm ist es auch und bei so einem Wetter sprießen die Pilze.

„Farbe, Form, Geruch, das ist alles kein Kriterium für die Essbarkeit“, warnt Schößler und hält einen unscheinbaren blässlich-gelben Pilz mit Hut in die Luft. Es ist ein gelber Knollenblätterpilz, er ist gekocht nicht giftig, aber ungenießbar. „Wonach riecht er?“, fragt Schößler, zerbröselt den Pilz und reicht die Teile weiter. Die meisten schnuppern etwas hilflos und dann erbarmt sich Schößler: „Kartoffelkeime“, sagt er. Der tödliche Bruder des gelben Knollenblätterpilzes sei der grüne Knollenblätterpilz und der schmecke nach Honig, rieche gut und sehe auch gut aus.

Je weiter die Wanderung geht, je mehr Pilze begutachtet, auseinander geschnitten, berochen und analysiert sind, umso skeptischer werden manche Pilzwanderer. „Ich schaue mir gerne die Pilze an, aber sammeln für den Kochtopf, lieber nicht“, sagt Gisela Knaup aus Schöneck.