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Kirche gewährt Asyl – Ein Flüchtling wohnt unter dem Dach von St. Bonifatius

Bis 27. Juni soll Abdirizak Mahamad Mohamud (24) zurück nach Italien gezwungen werden. Die Kirche, hofft er, werde ihn schützen. Foto: Hauff
Bis 27. Juni soll Abdirizak Mahamad Mohamud (24) zurück nach Italien gezwungen werden. Die Kirche, hofft er, werde ihn schützen. Foto: Hauff

Karben. Ein junger Flüchtling aus Somalia wohnt seit wenigen Tagen unter dem Dach der katholischen Kirche St. Bonifatius. „Wir haben ihm in schwieriger Lage Kirchenasyl gewährt“, erklärt Pfarrer Bernd Schirmer. Der 24-Jährige müsse befürchten, dass deutsche Behörden ihn nach Italien abschieben. „Dort wird sein Verfahren aber nicht bearbeitet“, sagt Schirmer. Es drohten ihm Obdachlosigkeit und Hunger, ganz zu schweigen von der Flucht aus Afrika, die der Asylsuchende seelisch alleine überhaupt nicht verarbeiten könne.

Derzeit sind rund 1250 Asylbewerber im Wetteraukreis untergebracht. In Karben wurde für einige von ihnen ein Wohnhaus gemietet. Abdirizak Mahamed Mohamud wohnte bisher auch dort. Als so genannter Dublin-Fall muss er aber bis 27. Juni mit „Rücküberstellung“ nach Italien rechnen. Dort hatte er mit rund 50 weiteren Flüchtlingen monatelang in einem verfallenen Haus gewohnt, ohne Wasser und ärztliche Hilfe bei Notfällen.

„Bevor ich wieder nach Italien gezwungen werde, will ich lieber sterben“, sagt Abdirizak. Außer ihm soll auch in Nidda ein weiterer „Dublin-Fall“ bei der Kirche angeklopft haben, um die Frist zu überbrücken, bis zu der ihn deutsche Ordnungsämter ins EU-Ausland ausweisen können – und müssen. Das Dubliner Abkommen trat im September 1997 in Kraft und schreibt vor, welcher Staat einen Bleibeantrag prüfen muss. Das ist fast immer der Staat, über den der Bewerber nach Europa gekommen ist. Für die Abschiebung zuständig ist nicht der Wetteraukreis, sondern das Regierungspräsidium Darmstadt, also das Land Hessen.

Seine Heimat möchte Abdirizak am liebsten nie wieder sehen. In Mogadischu haben muslimische Terrorkämpfer seine zwei Brüder ermordet. Über den Sudan durch die Wüste floh der junge Mann nach Libyen, wurde dort verhaftet und teilte sich ohne Gerichtsurteil das Gefängnis mit 50 fremden Menschen. Sieben Monate darauf gelingt Abdirizak der Ausbruch, den viele mit ihrem Tod bezahlen.

Im September 2012 setzt er dann auf einem Schlepperboot mit 117 Menschen auf die italienische Insel Lampedusa über. Sechs Wochen später schafft ihn Italien in ein überfülltes Containerlager nach Kalabrien. Der hungernde und obdachlose Somalier flieht von dort nach Rom und dann nach Frankfurt.

Aktuell gibt es in katholischen und evangelischen Gemeinden aus Deutschland mehr als 100 ähnliche Asylfälle: Die Bundesarbeitsgemeinschaft „Asyl in der Kirche“ schreibt von 90 Dublin-Fällen, die vor katastrophalen Umständen im EU-Ausland in ein deutsches Gotteshaus flüchten. (ph)