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Klage stoppt Nordumgehung-Schock in Karben: Mindestens ein Widerspruch wurde zum Straßenbauprojekt eingereicht

Karben. In der Nacht zu Dienstag um Mitternacht ist die Einspruchsfrist in Sachen Nordumgehung Groß-Karben abgelaufen. Doch schon Stunden zuvor ist klar, dass die Anwohner der Bahnhofstraße noch länger auf Entlastung von Lärm und Dreck des Fahrzeugverkehrs warten müssen: Mindestens eine Privatperson stemmt sich mit einer Klage gegen das Vorhaben, berichtet der Sprecher des Frankfurter Verwaltungsgerichts, Hans-Ulrich Mogk. Wer der Kläger sei, dürfe er nicht sagen.

Zudem gibt es eine zweite Klage: vom Berufsbildungswerk Südhessen (bbw). Aber mit einer anderen Art von Klage: Während die so genannte Anfechtungsklage der Privatperson aufschiebende Wirkung hat, richtet sich die „Verpflichtungsklage“ des bbw gegen die geplante Bauausführung. Mit ihr könnte die Straße gebaut werden. Erst nach einem möglichen Richterspruch müsste die gebaute Straße dann angepasst werden. „Wir wollen das Projekt nicht verhindern“, sagt bbw-Geschäftsführerin Renée-Eve Seehof, „und nicht die Verantwortung für die Bewohner in der Bahnhofstraße übernehmen.“ Das bbw fordert Nachbesserungen beim Lärmschutz.

Offen ist, wer die Umgehung verhindern will – ob es womöglich einer der Anwohner am Ortsrand ist, die sich in der Bürgerinitiative „Rettet die Nidda-Aue“ zusammengetan haben. „Wir haben Stillschweigen darüber vereinbart“, erklärt BI-Sprecher Axel Kreutz. Die BI wolle erst „zu einem späteren Zeitpunkt“ öffentlich etwas sagen.

Nach Angaben von Gerichtssprecher Mogk dürften zunächst drei bis vier Monate ins Land gehen, bis die Begründung der Klagen bei Gericht eingereicht, dann dem Beklagten – also dem Land – zugestellt ist, dieses daraufhin dazu Stellung genommen hat. Außerdem muss das Gericht noch die Zulässigkeit der Klage prüfen, sprich: ob die Kläger alle Widerspruchsschritte korrekt eingehalten haben. „Bei einem so umfangreichen Verfahren ist kurzfristig mit gar nichts zu rechnen.“ Eine zusätzliche Verzögerung könnte es noch geben, weil das Land das Frankfurter Gericht als Adressat für die Klagen benannt hatte. Zuständig für den Wetteraukreis ist allerdings das Verwaltungsgericht Gießen. Das schränke zwar die Korrektheit des Verfahrens nicht ein, erklärt die dortige Gerichtssprecherin Sabine Dörr. Allerdings müssten die Verfahren zunächst noch von Frankfurt nach Gießen verwiesen werden, was zumindest ein wenig Zeit benötige. Dass das Projekt nun lange in die Mühlen der Justiz gerät, möchte Bürgermeister Guido Rahn (CDU) am liebsten verhindern. „Dann wäre die ganze Debatte über die Finanzierung müßig“, denn die vom Land eingeplanten Gelder verfielen, fürchtet er. Daher wolle die Stadt „umgehend alles versuchen, um den Kläger umzustimmen“.

Die in der BI aktiven Anwohner hatten seit einigen Wochen beratschlagt, ob sie klagen sollten. Unter anderem hatten sie von der Stadt eine schriftliche Zusage für zusätzlichen Lärmschutz eingefordert. „Die schriftliche Zusage haben die Anwohner erhalten“, erklärt Rahn. Nun wolle er prüfen, ob sich diese Zusicherung womöglich noch nicht herumgesprochen habe.

Am Dienstagfrüh wollte er deshalb mit dem „Hauptklagewilligen“ erneut Kontakt aufnehmen. „Wir müssen herausbekommen, wer die Klage eingereicht hat und in Verhandlungen erreichen, dass sie zurückgezogen wird.“ Ob das möglich sei, sei jedoch bisher pure Spekulation. „Wenn das jemand ist, der sich fundamental gegen Straßenbau wendet, haben wir wohl keine Chancen“, sagt Rahn. Er hält es aber auch für „möglich, dass dort jemand etwas herausschlagen will“ – also vergleichbar mit dem bbw.

Vermutungen über eine derartige Zielrichtung nährt BI-Sprecher Axel Kreutz. Denn auf die Frage, ob er doch noch eine Einigung für möglich halte, erklärt er: „Das hängt von der Stadt ab, was an Argumenten von dort kommt.“ (den)