Veröffentlicht am

Nur mobil blitzen hilft! – Ein Top-Temposünder im Jahr 2013 hatte 174 auf dem Tacho statt erlaubte 80 kmh

Städtischer Blitzer in Karben, hier installiert an der B3 kurz hinter Kloppenheim: Die mobilen Tempo-Kontrollen sind sehr effektiv, die Stadt will sie forcieren. Foto: den
Städtischer Blitzer in Karben, hier installiert an der B3 kurz hinter Kloppenheim: Die mobilen Tempo-Kontrollen sind sehr effektiv, die Stadt will sie forcieren. Foto: den

In Karben sollen mobile Tempokontrollen verstärkt werden. Das ist nach Einschätzung der Stadt das effektivste Mittel gegen Raser.

Karben. Es ist ein Moment, da geht ein Raunen durch den großen Saal des Bürgerzentrums, besetzt mit Stadtverordneten, Stadträten und Besuchern. Bürgermeister Guido Rahn (CDU) nennt die Top Drei der Temposünder in Karben vom Jahr 2013. Der Spitzenreiter war mit unglaublichen 174 Stundenkilometern auf der Bundesstraße 521 bei Rendel unterwegs. An der Läusbäumchen-Kreuzung Höhe Niederdorfelden gilt Tempo 80. Hier erfasste ihn die Radarfalle.

Posse um Warnschilder

Die Nummer Zwei erwischte die Stadtpolizei in Höhe der Scharmühle auf der Kreisstraße zwischen Rendel und Gronau – mit Tempo 118 statt erlaubter 60. Eine gefährliche Stelle, weil sich hier oft langsame landwirtschaftliche Fahrzeuge um unübersichtliche Ecken auf die Fahrbahn vorwagen müssen. Zwischen Okarben und Petterweil erwischte es den „Drittplatzierten“: Auf der Kreisstraße in Höhe der Russenhütte hatte er Tempo 116 statt – korrekt – 60 drauf.

Oft mit allzu hohem Tempo seien Autofahrer außerdem auf der Kreisstraße zwischen Groß-Karben und Heldenbergen unterwegs. Was den Bürgermeister reichlich wundert: „Dort ist der Straßenzustand ja wirklich schlecht.“ Und die Straße ist eng, weshalb auf langen Abschnitten Tempo 60 gilt. Immerhin: Die Straße steht zur Sanierung an: Sobald die Nordumgehung an sie angeschlossen wird, solle die Straße neu gebaut werden und ein Radweg daneben. Der Wetteraukreis sitze derzeit an der konkreten Planung dafür, ist Rahn erleichtert.

Das Problem mit den Temposündern hatten Karbens Grüne allerdings andernorts vermutet. Nämlich dort, wo die Stadt alte Blitzer stehen hat, die aber wegen veralteter Technik nicht mehr in Betrieb sind. Dies betrifft jene an der Rendeler Straße in Klein-Karben, an der Frankfurter Straße in Kloppenheim, in der Sauerbornstraße in Petterweil und an der Burg-Gräfenröder Straße in Groß-Karben.

Um diese Blitzer hatte sich im vergangenen Sommer im Landtagswahlkampf eine Posse entwickelt. Der damalige Verkehrsminister Florian Rentsch (FDP) hatte landesweit Warnschilder vor den Blitzern angeordnet, die in Karben auch flugs aufgestellt wurden – obwohl die stationären Messgeräte gar nicht mehr aktiv sind.

Eine Erneuerung der Technik und Wiederinbetriebnahme der Blitzer, wie es die Grünen daraufhin forderten, lehnte der Bürgermeister aus Kostengründen ab.

278 000-mal gemessen

Aber vielleicht seien die Kosten ja nötig, weil in den Bereichen der Blitzerattrappen inzwischen wieder viel gerast werde? Auf diese Frage der Grünen hin hat die Stadtpolizei von November bis März Langzeitmessungen von jeweils drei bis vier Wochen Dauer gemacht

In der Rendeler Straße in Klein-Karben am Ortsausgang wurden an die 112 000 Fahrzeuge erfasst. Sie fuhren in Richtung Rendel durchschnittlich 48 km/h schnell, 85 Prozent von ihnen höchstens mit Tempo 58. Bei einer zwei Tage dauernden Messung Richtung Klein-Karben wurde ein Schnitt von 41 ermittelt, wobei 85 Prozent Tempo 48 oder langsamer fuhren.

In der Burg-Gräfenröder Straße am Ortseingang von Groß-Karben wurden fast 103 000 Fahrzeuge gemessen. Richtung Groß-Karben fuhren sie im Schnitt 45 Stundenkilometer schnell, wobei 85 Prozent langsamer als Tempo 53 waren. Richtung Burg-Gräfenrode lag der Schnitt bei Tempo 49, wobei hier 85 Prozent höchstens 58 fuhren.

In der Sauerbornstraße in Petterweil wurden gut 63 000 Fahrzeuge erfasst. Sie fuhren Richtung Ortsmitte durchschnittlich 44 Stundenkilometer schnell, 85 Prozent mit höchstens Tempo 53. Richtung Okarben lag das Durchschnittstempo bei 46, wobei 85 Prozent der Fahrzeuge maximal 54 fuhren. Unter dem Nicken der Stadtverordneten zieht Bürgermeister Rahn daraus den Schluss: „Die stationären Blitzer aufzurüsten würde sich nicht lohnen, denn gerast wird woanders.“ Und dort soll die Stadtpolizei weiter effektiv mobil blitzen. (den)