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Pfadfinder vor Neustart – Aufbruchstimmung bei den Grauen Adlern • Anlage im Lilienwald wird saniert

Auf zu neuen Entdeckungen: Eine interkontinentale Reise in 42 Jahren unternehmen derzeit die Karbener Pfadfinder vom Stamm Graue Adler. Das Abenteuer steht wie ein Sinnbild für den Aufbruch der Pfadfinder: Sie sind dabei, sich rundzuerneuern.

Karben. Irgend etwas ist anders als früher. Aber was nur? Der Lilienwald, das Karbener Pfadfinderzentrum der Grauen Adler am Waldrand nördlich von Petterweil, wirkt wie immer. Die Häuser, die Wege, der Teich. Aber … ja, es ist viel heller geworden, oder? Peter Schläfer, Chef des Trägervereins, muss lächeln. „Das stimmt.“

In neues Licht ist das ganze Lager getaucht, seit Mitarbeiter der Stadt zur Motorsäge griffen und an die 150 Pappeln fällten. Vor 42 Jahren, als es mit den Pfadfindern losging, war der Pappelwald noch licht und vor allem im Winter problemlos durchschaubar. Zu einem dichten grünen Dach waren die Pappeln dann herangewachsen, bevor sie gefällt wurden. Und die Pfadfinder als Naturfreunde ärgert das nicht? Nein, denn von großem Nutzen für die Natur waren die Pappeln nicht. Sondern eher gefährlich: Schon ein paar Jahre ist es her, dass ein großer Ast auf dem Gelände aus dem Nichts herunterkrachte. Diese Gefahr ist nun gebannt.

Grün ist es auf dem Gelände nach wie vor. „Es wächst uns über den Kopf“, seufzt Schläfer. Die diversen gepflanzten Bäume und Büsche aus Jahrzehnten können nun endlich sprießen. Und das ist nicht die einzige Arbeit, die den Pfadfindern Kopfzerbrechen bereitet.

Denn ihr 42 Jahre altes Lager kommt in die Jahre. Schon seit Jahren werden Bauten ersetzt und erneuert. Als nächstes ist das Dach des Haupthauses samt Küche und Speisesaal dran: Es muss abgedeckt, die hochgiftige Asbestisolierung entsorgt und das Dach dann neu eingedeckt werden.

Obwohl die Pfadfinder viel in Eigenarbeit leisten, rechnen sie mit einem deutlichen fünfstelligen Betrag. „Wir finanzieren das alles aus unseren Rücklagen“, erklärt Peter Schläfer, „und das können wir kaum abfangen.“ Weshalb Stadt und Mainova nun mit jeweils 5000 Euro Zuschuss aushelfen.

Jährlich 10 000 Gäste

Überall auf dem Gelände laufen nach und nach Renovierungen. Die Übernachtungshütten sind fast fertig. Der Teich muss dringend von seiner starken Schlammschicht befreit werden. Bei der Holztreppe am Haupthaus wird das Geländer wackelig. Derweil gilt es, die Gäste auf der Anlage zu betreuen: Sie bei Anreise erwarten, einweisen, nach dem Rechten sehen, bei Abreise das Gelände und die Räume abnehmen – viel Arbeit bei 8000 bis 10 000 Übernachtungen pro Jahr.

„Im Sommer ist hier komplett durchbelegt“: von der Kindergartengruppe aus Karben bis zu Messdienern aus dem Münsterland. Ein echter kleiner Wirtschaftsfaktor für die Region Karben. Bis zum vergangenen Jahr hatten über mehr als 20 Jahre hinweg Zivis das Pfadfinderlager verwaltet und betreut. Mit dem Aus für den Zivildienst war 2011 Schluss. „Das fehlt uns sehr“, sagt Schläfer. Der Verein beschäftigt nun eine Aushilfe für zehn Stunden pro Woche.

Auf künftig mehr Engagement beim eigenen Nachwuchs hofft Schläfer ebenso. Denn seit einigen Jahren stehen die Pfadfinder in einem Generationswechsel. Nach dem Tod von Gründervater Jürgen W. Diener vor wenigen Jahren übernahm die Folgegeneration um Peter Schläfer. „Es ist wichtig, rechtzeitig Leute ranzuholen“, weiß Vereinsbeisitzer Meinhard Jänsch. Ran mussten die schon, als es darum ging, die 30 000 Euro teure Kanada-Fahrt zu organisieren. Zu der sind 22 Pfadfinder im Alter von 13 bis 17 Jahren plus drei Betreuer am Samstag aufgebrochen.

Bei der internationalen Begegnung wollen sie Pfadfinder in der Region Vancouver treffen, viel wandern und in der wilden Natur leben. In mehreren Treffen haben die Teilnehmer die Reise selbst organisiert. „Das ist wichtig“, sagt Vereinsbeisitzer Gerd Kauert, „sonst lassen sie sich zu sehr bespaßen.“ Wofür Peter Schläfer sogar ein bisschen Verständnis hat: „Das verkürzte Abitur merken wir gravierend, weil die jungen Leute bei uns nicht mehr so aktiv sind“, erklärt er. „Ihnen fehlt einfach die Zeit.“ Dass sich die wenige Zeit zu investieren lohnt, davon soll die Kanadafahrt den Nachwuchs überzeugen. Damit die Rundumerneuerung bei den Grauen Adlern gelingt. (den)