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So plant die Bahn – Unterlagen für S-Bahn-Ausbau liegen in den Rathäusern aus

Karben / Bad Vilbel. Zweiter Stock, Zimmer 209 im Rathaus Karben. Zwei große Kisten stehen neben dem Schreibtisch von Verkehrsplaner Ekkehart Böing. Sechs der 19 Leitz-Ordner hat er heraufgeholt. „Dort stehen die für uns wichtigsten Sachen drin.“ Mehr als einen Meter lang sind die Pläne, die er auf dem Tisch liegen hat. Sie zeigen genau, wie breit die Main-Weser-Bahn künftig durch Okarben und Kloppenheim verlaufen soll.

Zwei weitere Karten haben farbige Linien in unterschiedlichen Abständen zur neuen Strecke. „Sie zeigen die Lärmgrenzwerte“, erläutert der Fachmann. Beim Ist-Zustand verläuft die 49-Dezibel-Linie, die den nächtlichen Grenzwert bildet, östlich der Nidda und westlich des Straßbergs. Ganz Okarben liegt unterm Lärmteppich.

Ganz anders nach dem Ausbau: Maximal zwei Häuserreihen beiderseits der Bahn liegen in der Lärmzone. Sonst wird es in ganz Okarben ruhig. Lärmschutzwände sollen dafür sorgen, erschütterungsabsorbierende Schwellen und speziell gewartete Gleise. „Eine erhebliche Entlastung“, erläutert Böing. Wenn es dort ruhig wird, hören auch die Menschen im übrigen Tal weniger von der Bahn. Das funktioniert überall so, von Friedberg bis nach Bad Vilbel. Dass die Region erstmals Bahn-Lärmschutz erhalte, sei ein Vorteil, finden Wöllstadts Bürgermeister Alfons Götz und sein Karbener Kollege Guido Rahn (beide CDU). „Wir sind für den Ausbau und prinzipiell dafür, mehr Güterverkehr auf die Schiene zu verlagern“, sagt Rahn. Das Mehr an Güterzügen kommt auf jeden Fall, schätzen Experten. Ohne den viergleisigen Ausbau werde den Wetterauern dann der Lärmschutz fehlen. Doch den Ausbau sehen nicht alle positiv: Bei Bürgerversammlungen 2010 in Bruchenbrücken, Nieder-Wöllstadt, Okarben und Dortelweil hatten Anwohner erhebliche Bedenken, sie befürchten stark zunehmenden Bahn-Lärm. 35 unmittelbar Betroffene haben bei Ekkehart Böing bereits in die Pläne geschaut. Bis 26. September ist das noch möglich. Als besonderen Service bietet das Karbener Rathaus an, die Bürger bei ihrer Einsichtnahme zu beraten – wenn der Fachmann gerade Zeit hat. Damit versucht die Stadt die Informationslücke zu schließen, die die Bahn derzeit klaffen lässt. „Ein Einzelbürger ist doch überfordert, das alles zu überprüfen“, findet Rahn. Die Art und Weise, wie die Bahn die Unterlagen nun ohne weiteren Kommentar auslege, sei „richtig schlecht“.

Nach den Bürgerversammlungen im Jahr 2010 hat die Bahn offenkundig ihre Planungen aktualisiert: Statt der Prognose für 2015 liegen ihnen nun die erwarteten Verkehrszahlen für 2025 zu Grunde. Danach rechnet die Bahn mit täglich 321 Zügen, darunter 52 Güterzüge nachts und 39 am Tag. 258 Züge waren 2009 täglich unterwegs, auf 307 soll ihre Zahl bis 2015 steigen.

Im Frankfurter Ausbauabschnitt hatte die Bahn ihre Zahlen noch nachträglich korrigieren müssen – nachdem sie klagenden Anwohnern vor Gericht unterlag. Dass sie in der Wetterau nun gleich mit den realistischen Zahlen arbeitet, dürfte für die Anwohner also im Prinzip gut sein.

Denn mit höheren Prognosenzahlen muss die Bahn auch mehr für den Lärmschutz tun und entsprechende Maßnahmen realisieren. Ob sie das macht und ob ihre Gutachten korrekt sind, traut sich Experte Ekkehart Böing in der Kürze nicht zu beurteilen. Wie versprochen werde die Stadt Karben einen externen Gutachter einschalten, kündigt Bürgermeister Rahn an. Das soll zusammen mit Bad Vilbel, Wöllstadt und Friedberg geschehen.

Das Aktionsbündnis „BahnAusbau Nur Anwohnerkonform Naturverträglich Erschütterungsfrei“ (BAhNANE) lädt ein zur Bürgerinformation am Donnerstag, 15. September, um 19.30 Uhr im Kulturforum Dortelweil. Behandelt wird der Ablauf des Planfeststellungsverfahrens und der Status der Bauabschnitte bis Friedberg. (den/sam)