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Solidarität in Blau und Gelb

Zur Friedenshymne »We Shall Overcome« schwenken die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Friedenskundgebung die blauen und gelben Kreppbänder. Foto: Christine Fauerbach
Zur Friedenshymne »We Shall Overcome« schwenken die Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Friedenskundgebung die blauen und gelben Kreppbänder. Foto: Christine Fauerbach

Karben. »Frieden jetzt!« – so lautet das Motto der Kundgebung mit Friedensgebet am Jahrestages des Ukraine-Krieges im Bürgerzentrum. Ukrainer und Deutsche setzen gemeinsam ein Zeichen für den Frieden.
Zahlreiche Kerzen erhellten die Bühne im voll besetzten Bürgerzentrum. Bereits beim Betreten des Raumes hatte jeder Teilnehmer der »Kundgebung mit Friedensgebet« blaue und gelbe Kreppbänder in den Nationalfarben der Ukraine bekommen. Eingeladen hatten die Kirchen, die Stadt, Vereine und Initiativen, um am Jahrestag des Ukraine-Krieges, »ein gemeinsames Zeichen« zu setzen und Spenden für ein gebrauchtes Löschfahrzeug für die Feuerwehr der Stadt Charkiw zu sammeln.
Moderiert wurde die teils sehr emotionale Veranstaltung von Pfarrer Eckart Dautenheimer. In seiner Eröffnung erinnerte er daran, dass »am 24. Februar 2022 russische Truppen in der Ukraine einmarschierten. Es ist der Tag seit dem der Krieg in Europa wieder grausame Realität geworden ist.« Ein Jahr später spüre längst ganz Europa die Folgen des Krieges, wirtschaftlich wie humanitär. »Die einen sind direkt betroffen, die anderen eher indirekt.«
Miteinander ins
Gespräch kommen

Diese Kundgebung biete Ukrainern und Deutschen Gelegenheit, verschiedene Sichtweisen zu Gehör zu bringen und die Chance, miteinander ins Gespräch zu kommen, sagte Dautenheimer. Die beiden Ukrainerinnen Nataliya Balandina und Oksana Ebert appellierten unter Tränen an die Zuhörerinnen und Zuhörer: »Wir sind ein freies Volk, wir werden diesen Krieg gewinnen und nach dem Sieg unser Land aufbauen.«
Beide berichteten bewegend von Zerstörung, Tragödien und Tod, von ihrer Angst, ihrer Wut, ihrer Trauer und ihrer Hoffnung auf Frieden. Ebert dankte den Karbenern für ihre vielfältige Hilfe für die Geflüchteten, die Kämpfenden und die Zivilbevölkerung. Ukrainische Lieder und Gebete sangen Angelina Karpuk und Vira Melnytschuk. Stadtverordnetenvorsteher Kai-Uwe Fischer (CDU) bemerkte, dass er als Vater sprachlos, wütend, traurig und hilflos sei, angesichts des Leides der Kinder im Krieg. »Es gibt so viel Leid auf der Welt, muss da auch noch von Menschen gemachtes Leid hinzukommen?«
Ekaterini Giannakaki, die Vorsitzende des Karbener Ausländerbeirats unterstrich, dass die ganze Welt die Tapferkeit, den Widerstand und Mut der ukrainischen Bevölkerung bestaune, die dem Ansturm der russischen Armee standhalte. Der Ausländerbeirat habe einen Dolmetscherpool gegründet, der an verschiedenen Karbener Schulen aktiv fremdsprachige Kinder unterstütze, und man werde an der Kurt-Schumacher-Schule eine Deutsch AG gründen.
»Auch in Karben spüren wir täglich, wie nah uns dieser Krieg ist«, erklärte Bürgermeister Guido Rahn (CDU). Er erläuterte, was dieser Krieg für die Stadt Karben bedeute: »Fast 300 Menschen, davon mehr als 100 Kinder, aus der Ukraine sind Bürger dieser Stadt geworden. Zwei Drittel dieser Flüchtlinge sind privat untergekommen. Die Hilfsbereitschaft ist groß und ich bin stolz auf die Bürger, ohne die wir es nicht geschafft hätten. Wir können gemeinsam viel meistern, aber den Menschen nicht ihre Ängste und Sorgen nehmen. Wir können den Krieg nicht beenden, aber helfen.«
Peter Mayer von der Initiative »Karben vereint für Frieden und Freiheit« sagte, dass »wir alle, die in Freiheit aufgewachsen sind, überzeugte Pazifisten waren. Waffen, die wir liefern, töten Menschen.«
Zu einer hohlen
Parole verkommen

Werner Giesler, Pfarrer im Ruhestand, sprach für die Flüchtlingshilfe Karben. Er erinnerte unter anderem an alle Kriege seit 1981, »die nicht vor meiner Haustür« waren. Der Ruf »Frieden schaffen ohne Waffen« sei angesichts der Brutalität zu einer hohlen Parole verkommen. »Jetzt heißt die Parole »Militarismus ist die Lösung, kämpfen bis zum Sieg. Töten ist eine verzweifelte, elende Notwendigkeit. Eine Lösung ist es nicht.« Er wie auch Julia Zeifang von der Theatergruppe der evangelischen Gesamtkirchengemeinde erinnerten daran, wie schwer es ist, Bibelverse wie »Wenn dir einer auf die linke Wange schlägt, dann halte ihm auch die rechte hin« in Kriegszeiten zu praktizieren. Das Friedensgebet sprachen die Geistlichen Simba Burgdorf, Lydia Katzenberger, Nina Stec und Pater George. Sie baten Gott um Hoffnung und Zuversicht, gewaltfrei Konflikte lösen zu können und Kriege zu beenden und das der Krieg sich nicht in ganz Europa ausbreite. Dann stimmten alle die Friedenshymne »We Shall Overcome« an.
Von Christine Fauerbach