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Straßenbeiträge ade

Bürger werden nicht mehr zur Kasse gebeten – Grundsteuer wird aber nicht mehr gesenkt

Wenn Straßen saniert werden, wie hier demnächst in der Homburger Straße in Klein-Karben, müssen die Anwohner keine Rechnungen mehr befürchten. Foto: den
Wenn Straßen saniert werden, wie hier demnächst in der Homburger Straße in Klein-Karben, müssen die Anwohner keine Rechnungen mehr befürchten. Foto: den

Ein- für allemal sind sie Geschichte: die Straßenbeiträge in Karben. Das Stadtparlament hat einmütig die von allen ungeliebte Abgabe abgeschafft – noch bevor die Bürger überhaupt ein erstes Mal Rechnungen bekommen hätten. Damit ist allerdings auch eine Steuersenkung abgesagt.

 

Karben. Nun können die Karbener wirklich durchatmen. Die Gefahr, dass den Bürgern Rechnungen für den Ausbau und die Sanierung von Straßen ins Haus flattern, ist gebannt. Einstimmig hat das Stadtparlament am Donnerstag der Vorwoche die Beiträge gekippt. Darüber freuten sich alle Politiker, wenn auch einige mahnende Töne dabei mitschwangen. „Das Thema ist jetzt ad acta gelegt“, war Bürgermeister Guido Rahn (CDU) rundum froh über die Entscheidung. Denn die Straßenbeiträge hätten der Politik „lange Kopfzerbrechen bereitet“.

Jahrzehntelang hatte Karben eine Straßenbeitragssatzung, wendete sie aber nicht an. Nachdem unter Führung von CDU, Freien Wählern und FDP die Wende bei den Finanzen ins Positive geschafft worden war, schaffte die Stadt die Satzung ab.

Abgemildert

Das aber missfiel dem Landrat: Er setzte die Satzung wieder ein, weil die Kommune laut Landesrecht jede Einnahmemöglichkeit ausschöpfen müsse. Dagegen klagte die Stadt, gewann auch vor dem Verwaltungsgericht Gießen. Die Niederlage nahm der Landrat nicht hin, die Revision ist derzeit noch vorm Verwaltungsgerichtshof Kassel anhängig. Inzwischen hatten die Karbener reagiert und ihre bisherigen Straßenbeiträge zumindest abgemildert: Statt dass die Anwohner jeweils betroffener Sanierungen sehr hohe Einmalrechnungen bekommen, sollten die Kosten jährlich auf alle Grundstückseigner in der Stadt umgelegt werden. Dann wären die Rechnungen moderat ausgefallen – und im Gegenzug wollte das Parlament die Grundsteuer absenken, um die Bürger in Summe finanziell nicht stärker zu belasten als bisher.

Seine strenge Vorgabe für die Kommunen hatte das Land Hessen auf FDP-Initiative hin zuletzt gestrichen: Kommunen dürfen nun selbst entscheiden, ob sie Straßenbeiträge kassieren oder nicht.

Das Einführen jährlicher Straßenbeiträge hätte 70 000 Euro gekostet plus laufender Kosten für die Datenaktualisierungen. „Sehr erfreulich, dass dieser Aufwand nun eingespart wird“, sei dies, fand CDU-Fraktionschef Mario Beck.

Kritik an der Abschaffung der Straßenbeiträge hatten die Grünen geübt. Ihr Argument: Werde gleichzeitig die Grundsteuer gesenkt, würden die Bürger nicht zusätzlich belastet. Die Einnahmen aus den Straßenbeiträgen rechne das Land aber nicht bei der Berechnung der Finanzkraft der Stadt ein. Sei die geringer, fielen Ausgleichszahlungen vom Land höher aus.

Grünen-Fraktionschef Rainer Knak legte dies nun zu den Akten: „Wir sehen das weiter kritisch, sind aber umgestimmt worden.“ Denn der Gewinn für die Stadtkasse sei einfach zu gering und gleiche wohl nicht einmal die Zusatzkosten fürs Kassieren der Straßenbeiträge aus. „Es ist einfacher, darauf zu verzichten“, stimmte ihm Mario Beck zu. Ab sofort werden die Sanierungen von städtischen Straßen wieder direkt aus dem städtischen Haushalt finanziert. In den vergangenen Jahren hatte die Stadt unter Hinweis auf die drohenden hohen Rechnungen für Anlieger einige Ausbauprojekte auf Eis gelegt, etwa die Sanierung der Lohgasse in Klein-Karben.

Gefahr gebannt

Ohne Straßenbeiträge ist diese Gefahr gebannt. Eine Folge zeigte sich prompt während der Sitzung. Als der Bürgermeister die 2019 anstehenden Straßensanierungen in Klein-Karben, Groß-Karben, Rendel und Petterweil erwähnte, wollte SPD-Stadtverordneter Gerald Schulze sofort wissen, warum die Hauptstraße in Okarben nicht auch saniert werde. „Das ist mir als Okärber am Wichtigsten.“

Die Stadt könne nicht alles gleichzeitig erledigen, betonte Rahn. Die anderen Projekte hätten Vorrang, weil Baumaßnahmen schon liefen oder das Land sie umsetze. „Da würde kein Bürger verstehen, wenn das Land in Petterweil die Straße saniert und wir ein Jahr später die Gehwege.“

Die Grundsteuer hätte nach Einführung der jährlichen Straßenbeiträge gesenkt werden sollen. „Wir senken die Steuer nun natürlich nicht“, betonte Rahn. Zugleich dürfte die Stadt aber auch die Klage vorm Verwaltungsgerichtshof los sein, schätzte der Bürgermeister. „Es macht für den Landrat keinen Sinn weiter zu klagen, wenn die Grundlage entfallen ist.“ (den)