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Überall Militär – Polizist in Kabul – Martin Haase zu Gast in der Evangelischen Kirche Gronau

Bad Vilbel. Für ein Jahr hatte Polizeioberkommissar Martin Haase seinen Arbeitsplatz bei der Polizei Bad Homburg gegen einen in Kabul eingetauscht. Über seine Erlebnisse in Afghanistan berichtete der 32-Jährige im Gemeindesaal der evangelischen Kirche Gronau.

Haase informierte über den Aufbau der Polizei, zeigte Bilder der Menschen und des Landes, den Film „Was sehen Polizeibeamte von Stadt und Land?“, schilderte den Ablauf einer seiner Tage in Kabul und zog ein Fazit seines Aufenthaltes im Auftrag der europäischen Polizeikommission EUPOL Afghanistan. Martin Haase war in Afghanistan zuständig für die Ausbildungsplanung, die Verwaltung von Finanzen, Projekten und Material sowie die Koordinierung der Besprechungen.

Seit 2002 ist Deutschland Schlüsselpartner für die Koordinierung der Reform der afghanischen Polizei Afghan National Police (ANP). Das German Police Project Office (GPPT) übernahm die Aufgabe, die Polizei bei ihrer Reform zu beraten und die Beiträge der internationalen Partner zu koordinieren. „Das Land ist mit Militärschrott und zwei Millionen Landminen übersät. Jeden Tag werden Menschen durch Minen verstümmelt. Viele Verstümmelte sind Kinder“, berichtet Haase.

Die Kinder stellen die Hälfte der 30 Millionen Afghanen, deren Durchschnittsalter bei 45 Jahren liegt. Der Bedarf an Bildung und Schulen sei groß. Die Regierung habe auf dem Land kaum Rückhalt. „Das Militär ist allgegenwärtig. In der Luft und auf der Straße.“ In Kabul und anderen Orten sind viele Gebäude zerstört. Zwei Millionen Flüchtlinge leben auf dem Land in Lagern unter primitivsten Bedingungen. Und dies bei minus 40 Grad im Winter und plus 50 Grad im Sommer. Bei Trockenperioden gebe es auf dem Land viele hungernde Menschen.

Als Dolmetscher stehen den deutschen Polizisten viele afghanische Kollegen zur Seite. Sie wurden in den 60er und 70er Jahren in Deutschland ausgebildet und sprechen fließend Deutsch. „Die Ausbildung durch deutsche Polizisten wird von den Afghanen gut angenommen“, erläutert Haas. Für die afghanischen Polizisten sei das Sicherheitsrisiko hoch. In 2008 wurden 1500 Menschen getötet durch Angriffe auf Unterkunft und Fahrzeuge, durch Entführungen oder bei Raubaktionen. Dazu kommen sodann noch die Verkehrsopfer.

Ein großes Problem sei die Korruption in Teilen der Polizei. Die Deutschen versuchten sich durch Bunker und Alarmsysteme, getarnte Fahrzeuge, unauffällige nicht berechenbare Fahrten, der Vermeidung von Konvois und öffentlichen Veranstaltungen, Schutzwesten sowie Kurz- und Langwaffen zu schützen. Haase: „Es gibt Bereiche, in denen es Fortschritte gibt. Der Wille und die Mittel der internationalen Gemeinschaft werden Erfolge erzielen. Doch es wird lange dauern, bis das Geflecht aus Politik, Kommerz und Proporz durchbrochen ist.“