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Umgehung kostet mehr

Schauen in die Pläne zur Nordumgehung von Groß-Karben (von links): Bürgermeister Rahn, Landrat Arnold, Staatssekretär Samson. Foto: den
Schauen in die Pläne zur Nordumgehung von Groß-Karben (von links): Bürgermeister Rahn, Landrat Arnold, Staatssekretär Samson. Foto: den

Das Land Hessen muss für den Bau der Nordumgehung Karben tiefer in die Tasche greifen. Statt 17,4 Millionen wird sie wohl 20 Millionen Euro kosten. Außerdem werden sich die Autofahrer zwischen Nidderau und Karben während der Bauzeit in Geduld üben müssen.

Karben. „Das ist ein ganz besonderes Projekt“, räumt Mathias Samson (Grüne) ein. Dass eine Kommune ein Straßenbauprojekt des Landes vorfinanziere, kommt nicht alle Tage vor. Aber mit Vorteil für Karben und die Nordumgehung: „Sonst wäre das nicht so schnell in Angriff genommen worden“, sagt der Staatssekretär aus dem hessischen Verkehrsministerium.

Kein Wunder, dass an diesem Dienstagmittag auf den Feldern oberhalb Groß-Karbens nicht bloß die Sonne lacht, sondern auch Politiker und eine Handvoll Aktive der Bürgerinitiative „Nordumgehung jetzt!“. Ein wenig ungewöhnlich ist der Anlass schon: Der Staatssekretär übergibt Landrat Joachim Arnold (SPD) einen Förderbescheid über 1,6 Millionen Euro. „Das meiste sind Bundesmittel“, erinnert Arnold. „Ein solches Projekt lässt sich nur gemeinsam stemmen.“ Der Kreisstraßen-Abschnitt wird 2,7 Millionen Euro teuer.

In der Tat arbeiten alle politischen Ebenen an einem Strang: Von Bund, Land, Kreis und Stadt fließt Geld. Der längste Teil der neuen Straße ist eine Landesstraße. Als erstes aber wird der östliche Teil der Umgehung gebaut – und zwar als Kreisstraße. Von einem neuen Kreisverkehr an der Burg-Gräfenröder Straße soll eine direkte Verbindung bis zur Kreisstraße K 246 nach Heldenbergen gebaut werden. Ungewöhnlich ist der Anlass des Vor-Ort-Termins zur Übergabe des Förderbescheids deshalb, weil die Politiker wohl bald erneut in die Kameras lächeln: Dann soll der offizielle Spatenstich für diesen ersten Bauabschnitt erfolgen. Bis Weihnachten solle dieser Streckenteil fertig sein, freut sich Bürgermeister Guido Rahn (CDU).

Bis 2016 soll die Trasse der Nordumgehung danach gen Westen bis zur Bundesstraße 3 in Höhe der Zufahrt zu Rewe-Center und Berufsbildungswerk wachsen, hatte eine Sprecherin der Landesstraßenbaubehörde „Hessen Mobil“ erst jüngst angekündigt. Die Brücke über die Nidda ist bereits fertig, jene über die Main-Weser-Bahn solle ab 2015 entstehen.

Bis zu 75 Prozent weniger Autos sollen nach Eröffnung der Umgehung durch den Ortskern Groß-Karben fahren. Auf der Bahnhofstraße im Stadtzentrum soll die Belastung von derzeit 23 300 um 10 000 Fahrzeuge pro Tag sinken, erklärt Mathias Samson. „Auch Klein-Karben und Rendel werden etwas entlastet“, erinnert Landrat Arnold. „Und Okarben“, so Rahn. Vor die Entlastung aber haben die Straßenbauer für die Autofahrer reichlich Entbehrungen gesetzt: Sie müssen zwischen Karben und Nidderau viele Monate über Umleitungsstrecke fahren, die doppelt so lang wie die direkte Route ist.

Ohne Koordination?

Ursache dafür ist, dass die drei Bauprojekte an der K 246 terminlich nicht zueinander passen. So hat „Hessen Mobil“ die Strecke kurzfristig diese Woche geschlossen, weil bei Heldenbergen der Anschluss zur neuen Nidderauer Umgehung gebaut wird – und zwar satte drei Monate lang bis November. Das hatte die Behörde erst vor wenigen Tagen angekündigt.

Womöglich direkt danach könnte die Straße wieder geschlossen werden, wenn der Anschluss zur Nordumgehung Karben gebaut wird – denn dieser Abschnitt soll bis Jahresende fertig werden. Kurz darauf droht die nächste Sperrung, die vermutlich viele Monate länger dauert: Dann soll die gesamte marode Kreisstraße zwischen Groß-Karben und Heldenbergen saniert und völlig neu gebaut werden – samt Radweg daneben. Rahn rechnet mit Baubeginn nächstes oder übernächstes Jahr.

Klar ist aber schon jetzt: Mit rund 20 Millionen Euro werde der Bau der Nordumgehung merklich mehr kosten. Zuletzt waren 17,4 Millionen Euro geplant. Ursache sei vor allem, dass der Boden zusätzlich verdichtet werden müsse, erklärt Staatssekretär Samson. Zusätzlich hätten unerwartet Wasserleitungen verlegt werden müssen. Hinzu kämen Preissteigerungen, weil die Kosten auf einer Schätzung aus dem Jahr 2011 beruht hätten, erläutert Rahn. Für die Stadtkasse aber habe das keine Folgen: „Wir haben einen Vertrag darüber, dem Land 17,4 Millionen Euro vorzufinanzieren.“ (den)