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Wald verkauft – Stadtverordnete veräußern städtisches Eigentum für rund vier Mio. Euro

Karben. Für manch Älteren ist das Thema hoch mit Emotionen geladen: Soll die Stadt Karben wirklich Wälder verkaufen, die sie aus den früher eigenständigen Gemeinden in ihren Besitz bekam? Klein-Karbens früherer Ortsvorsteher Rainer Züsch (SPD) hatte während der vorigen Wahlperiode mehrfach hingebungsvoll an seine Mitparlamentarier appelliert, das nicht zu tun.

Nun aber ist es dennoch geschehen: Klein-Karbens Wald, der Enzheimer Kopf in Altenstadt, wie auch der Petterweiler Wald im Taunus bei Köppern sind verkauft. CDU, FW und FDP setzten das im Parlament durch. Die SPD stimmte dagegen. Die Grünen gaben dem Verkauf im Taunus an eine Privatfrau aus Friedrichsdorf für 2,6 Millionen Euro die Zustimmung, lehnen aber den in Altenstadt für 650 000 Euro ab.

Das übrige Geld für Investitionen stammt aus dem Verkauf von Bauland: Zum einen an die Frankfurter Volksbank, die an der Ecke Bahnhof- und Luisenthaler Straße eine neue Regionalfiliale bauen will. Zum anderen gingen drei der acht Grundstücke der neuen, nördlichen Erweiterungsfläche des Petterweiler Baugebiets Alter Sportplatz weg. Zusammen fließen vier Millionen ins Stadtsäckel.

„Es ist falsch, das Tafelsilber so zu verkaufen“, findet SPD-Fraktionschef Thomas Görlich, das sei „nicht nachhaltig.“ Schließlich könne der Wald nur einmal verkauft werden. Denn Görlich vermutet, dass die Stadt derart hohe Einnahmen für die Wälder nur erzielen könne, weil die Investoren Profit herausziehen wollten. „Da wird der Enzheimer Kopf schon leiden“, fürchtet Görlich. „Der wird etwas lichter.“

Die Einnahmen brauche die Regierung von Bürgermeister Guido Rahn (CDU) hingegen, weil sie derzeit so viel investiere, kritisiert Görlich. Das räumt die Koalition unumwunden ein: „Wir investieren in die Zukunft unserer Kinder“, sagt CDU-Fraktionschef Mario Beck. In finanziell schwierigen Zeiten sei es sinnvoll, sich von Vermögen zu trennen, das nicht mehr gebraucht werde, statt Schulden zu machen, sagt Beck. „Zu dem Gelände haben wir keinen Bezug mehr.“ Gleichzeitig sei die Zeit für einen Verkauf günstig: Weil sich in der Finanzkrise viele in sichere Anlagen flüchteten, seien die Waldpreise derzeit hoch.

Selbst im günstigsten Fall, wenn die Stadt 100 Euro Gewinn pro Jahr und Hektar erzielen könnte, seien die Wälder immer noch kein lukratives Investment, rechnet Bürgermeister Guido Rahn vor. Dann brächte der Petterweiler Wald 17 300 Euro pro Jahr ein. Wolle die Stadt die Sanierung der Petterweiler Sporthalle rein aus dem Waldprofit realisieren, „dann brauchen wir 120 Jahre, bis wir die Halle fertig saniert haben“, warnt Rahn. CDU-Mann Friedrich Schwaab aus Petterweil unterstützt den Verkauf und ebenso tue dies der Ortsbeirat.

Wie auch die SPD stören sich die Grünen vor allem daran, dass der Enzheimer Kopf an einen Privatmann aus Nidda verkauft wird und nicht ans Land Hessen oder die Gemeinde Altenstadt. „Wir vermissen die nötige Sorgfalt bei der Auswahl des Käufers“, sagt Grünen-Fraktionschef Mario Schäfer.

In der Tat habe der Käufer der Stadt nicht schriftlich zugesagt, den Wald schonend zu entwickeln, räumt Bürgermeister Rahn ein. Doch schrieben die Forstgesetze ohnehin nachhaltiges Bewirtschaften vor. Nicht leisten könne es sich die Stadt, auf Einnahmen zu verzichten: So habe der Zweitbietende 75 000 Euro niedriger gelegen, das Land sogar 111 000 Euro niedriger. Dem Land habe man zweifach die Möglichkeit eingeräumt nachzuziehen. „Wir haben es uns“, sagt Rahn, „nicht leicht gemacht.“ (den)