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Burgfestspiele 2015: Mythos Hollywood

Noch wird geprobt: Da haut es Don Lockwood glatt um: Der Filmstar entdeckt beim Auftritt der vier Tanzgirls die lange von ihm gesuchte Kathy Selden (1. Reihe links). Dons Filmpartnerin Lina Lamont ist alles andere als begeistert. Foto: Hirschmann
Noch wird geprobt: Da haut es Don Lockwood glatt um: Der Filmstar entdeckt beim Auftritt der vier Tanzgirls die lange von ihm gesuchte Kathy Selden (1. Reihe links). Dons Filmpartnerin Lina Lamont ist alles andere als begeistert. Foto: Hirschmann

Mit dem Musical „Singin’ in the Rain“ holen sich die Burgfestspiele den Hollywood-Glamour auf die Bühne. Die spektakuläre Show ist gespickt mit Charme, Romantik, Komik und Glamour. In grandiosen Tanzchoreographien wird über die Burghofbühne gesteppt werden, dass es nur so „klackerdiklackt“!

Die Songs Good Morning, Make ’em Laugh, Moses Supposes und natürlich der Klassiker Singin’ in the Rain werden das Publikum in ihren Bann ziehen, sind sich Regisseur Benedikt Borrmann und sein Ensemble sicher.
„Singin’ in the Rain“ wurde weltweit bekannt durch die Hollywood-Stars Gene Kelly und Debbie Reynolds. Der Film entstand 1952. Hollywood lässt darin eine Epoche der eigenen Geschichte als pompös angelegte Tanzshow auferstehen. Die Handlung spielt in der zweiten Hälfte der 1920er Jahre als der Tonfilm allmählich dem Stummfilm den Rang ablief. Für die Schauspielerinnen und Schauspieler war die Umstellung mit großen Veränderungen verbunden, viele Stummfilmstars verloren fast schlagartig ihre gesamte Popularität.
Das bekommen auch die Stars Don Lockwood und Lina Lamont zu spüren, die von ihrem Studio als romantisches Traumpaar vermarktet werden. Lina hat diese PR-Strategie so verinnerlicht, dass sie glaubt, Don sei auch jenseits des Filmbetriebes in sie verliebt. Während Don die Bedingungen für den Tonfilm erfüllt, hat Lina vor allem aufgrund ihrer quäkenden Stimmen trotz Sprachlehrerin keine Chance, weiterhin als Star zu glänzen. Hier wird sie von der jungen Kathy verdrängt, die auch im privaten Leben weit aus mehr Chancen hat, bei dem smarten Don zu landen.
Nett und heiter verpackt wird so, dass es sich um eine Geschichte von Abschied und Neubeginn einer Ära der Unterhaltungsindustrie handelt. Dabei gibt es keineswegs nur Gewinner, sondern auch „Menschen, die die Kurve nicht kriegen und mit den neuen Entwicklungen nicht Schritt halten können“, wie Intendant Claus Günther Kunzmann anmerkt. Er sieht darin durchaus Parallelen zur Gegenwart und zu heutigen Krisensituationen, bei denen viele auf der Strecke bleiben.
Klassisches Musical
Regisseur Borrmann fast „Singin’ in the Rain“ als „Prototyp des klassischen Hollywood-Musicals“ auf und spricht vom „Mythos Hollywood“. „Das stellt uns vor gewisse künstlerische Herausforderungen, denn wir wollen auf keinen Fall einfach den Film imitieren.“ Dabei sei es unglaublich, was das Ensemble leisten müsse, denn gut die Hälfte des Stücks bestehe aus groß choreografierten Tanzszenen. Aber die Darsteller müssen für die andere Hälfte auch schauspielerisch ihre Leistung erbringen. Neben der eigentlichen Regiearbeit hat Borrmann auch den Text von „Singin’ in the Rain“ bearbeitet und eine Fassung für seine Bad Vilbeler Inszenierung erstellt.
Für die Choreografin zuständig ist Annette Taubmann: „Ich habe sehr viel Respekt vor dem Stück, aber es ist natürlich mit seiner Vielfalt an Möglichkeiten ein Traum für jede Choreografin“, erklärt sie. Zudem biete die Burg sehr raumgreifende Auftritte. Das Publikum dürfe auf Clownsnummern, Traumszenarien und andere tänzerische Überraschungen gespannt sein. Nicht ohne Reiz ist auch die Frage, was es bedeute, wenn auf einer Freilichtbühne ein Musical mit dem Wort „Rain“ im Titel aufgeführt wird. Das sei keineswegs als Prophezeiung zu verstehen, versichert Dramaturgin Ruth Schröfel. Aber braucht man nicht wenigstens auf der Bühne Regen, bei der entsprechenden Szene?
VilBelCanto
Niclas Ramdohr ist der musikalische Leiter der Produktion: „Wir wollen die Partitur entschlacken, da wir eben keine 80 Streicher haben, sondern nur sieben Musiker.“ Die Besetzung mit Schlagzeug, Gitarre, Bass, Trompete, Reeds und Posaune werde jedoch sehr wohl mit kraftvoller Dynamik ihrem Part gerecht werden. Besonders freue er sich auf die Jazzstandards der 20er und 30er Jahre.
Mitwirken wird auch wieder der Bad Vilbeler Chor VilBelCanto, der mittlerweile zum zehnten Mal bei eine Inszenierung der Quellenstädter Freilichtspiele unterstützt. „Ich bin auf einen sehr gut vorbereiteten Chor getroffen, für den die Festspiele ein Teil seiner Identität sind“, schwärmt der musikalische Leiter
In Zukunft dürfe sich der Chor Showchor nennen, er selbst würde dafür das Zertifikat vergeben, witzelt Ramdohr. Auch habe er in seiner Heimatstadt Berlin bereits oft von den Burgfestspielen gehört: „Sie haben wirklich eine große Strahlkraft“, sagt er.
Diese Wahrnehmung und damit der Erfolg der Festspiele habe auch damit zu tun, dass man immer auf ein geschlossenes Ensemble achte, sagte Intendant Kunzmann. Bewusst habe man nicht darauf gesetzt, weithin prominente Schauspieler zu verpflichten, die mediale Aufmerksamkeit versprechen. Die kontinuierliche Steigerung der Auslastung seien Beleg, dass dies der richtige Weg sei. (nma/hir)

„Singin’ in the Rain“ hat am Freitag, 12. Juni, 20.15 Uhr Premiere. Es folgen im weiteren Verlauf der Saison 22 weitere Vorstellungen, die letzte wird am 26. August gezeigt.