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Die Opposition rechnet ab – Generaldebatte: SPD und Grüne üben Kritik und halten der Koalition nicht erreichte Ziele vor

Karben. Da ist Sitzfleisch gefragt. Um 20 Uhr beginnt die Sitzung, erst um 0.24 Uhr heben sich die Hände für die finale Abstimmung. Mehr als vier Stunden brauchen die Parlamentarier, um den Haushalt für 2011 zu verabschieden.

Der Termin ist traditionell der Moment, zu dem die Opposition mit den Regierenden ins Gericht geht. Erstmals in dieser Wahlperiode mit klaren Fronten, nachdem Guido Rahn (CDU) im Rathaus den Chefsessel übernahm: Die SPD muss nicht mehr auf ihren Bürgermeister Rücksicht nehmen, sondern kann sowohl Richtung Koalition als auch Richtung Rathaus austeilen. So zählt SPD-Fraktionschef Thomas Görlich eine „Reihe von Fehltritten“ auf, die Koalition habe „die Bürger verschaukelt“. Es gebe kein Gesamtkonzept für die Stadtentwicklung. Um nicht eigene Parteifreunde zu verlieren, „wurde einfach der Weiterbau der B 3 aufgegeben“. Die Finanzlage der Stadt habe die Koalition schöngerechnet und für das Konjunkturprogramm entgegen eigener Versprechen Kredite aufgenommen. Das Hauptversprechen, 2011 einen ausgeglichenen Etat zu erreichen, „wurde mit großem Abstand verfehlt“. 2011 kalkuliert Rahn mit einem Minus von 3,6 Millionen Euro. „Sie bleiben ihrem Motto treu“, greift ihn Görlich an, „Quantität geht vor Qualität“.

„Sparen bei Gelegenheit“ wirft deshalb der Grünen-Fraktionschef Gerrit Rippen der Koalition vor. Sie habe kein Konzept, um die Finanzprobleme nachhaltig zu lösen. Stattdessen leiste sich die Stadt einen unnötigen Freiwilligen Polizeidienst, und die Koalition wolle die Innenstadt nur des Profits wegen zubauen. Auch erinnert Rippen an gebrochene Wahlversprechen wie die von Rahn vorgeschlagene Multifunktionshalle in Petterweil. Hingegen hätten die Grünen ihre „Rolle als grünes und soziales Gewissen“ wahrgenommen und in Detailfragen „wichtige Verbesserungen“ erreicht, Themen wie Hallenbad-Sanierung, Niddarenaturierung und Radwege-Ausbau auf die Tagesordnung gebracht.

Derlei Kritik an Details lässt CDU-Fraktionschef Mario Beck an sich abperlen. „Seit dem 1. April wird Karben schwung- und kraftvoll regiert, es wird angepackt, und es geht voran.“ Rahn habe das Defizit gegenüber 2009 nahezu halbiert – das seien 140 Euro vermiedene Schulden pro Einwohner. Ein ausgeglichener Haushalt – wie ihn die Koalition 2008 bereits erreicht habe–, sei „keine Utopie mehr“.

Sparsam zu wirtschaften und dabei die Leistungsfähigkeit der Stadt zu erhalten, sei das Ziel – indem das Rathaus unternehmerisch geführt werde. Nach 40 Jahren habe die Koalition den Planfeststellungsbeschluss für die Nordumgehung Groß-Karben in der Hand. Von der SPD seien dazu nur Luftnummern gekommen, sagt Beck. „Das stilbildende Element ihrer Parlamentsarbeit ist die Stimmenthaltung.“

Die Finanzrechnung der SPD dreht FW-Fraktionschef Michael Ottens um: Seit 2006 habe die Koalition den Schuldenstand der Stadt um 4,25 Millionen Euro gesenkt. „Wenn es nach Ihrem Bürgermeister Schulz gegangen wäre, hätten wir heute sechs Millionen Euro mehr an Krediten.“ Mit dieser Schuldenmentalität der SPD habe es nicht weitergehen können. „Einen ausgeglichenen Haushalt hätten Sie nie erreicht“, greift Oliver Feyl (FDP) an.

Die Koalition habe Kredite in der Wirtschaftskrise zurückgefahren, während in öffentlichen Haushalten die Schulden explodiert seien, so Ottens. „Das ist eine Leistung.“ Dabei habe es keinen Kahlschlag im Sozialen gegeben, Zuschüsse seien sogar erhöht worden. Längst habe die Koalition überfällige Strukturveränderungen im Rathaus eingeleitet, um vom strukturellen Defizit herunterzukommen. „Das Tempo ist wohl für die SPD zu schnell.“ Schizophren sei es, wenn die SPD nun den B 3-Weiterbau fordere, findet Ottens. Die Partei habe das bisher verhindert. „SPD-Bürgermeister haben das Verkehrschaos achselzuckend zur Kenntnis genommen.“ (den)