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Sehr später Protest!

Anwohner fühlen sich durch massive Bebauung gestört – Stadt befürchtet Ausgrenzung

Anfang 2015 könnte der Bau eines Seniorenpflegeheims auf dem Heilsberg beginnen. Dort soll eine auch vom Seniorenbeirat geforderte Demenz-Abteilung entstehen. Die Anwohner klagen, sie seien bei der Planung übergangen worden.

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Bad Vilbel. Gegen den Bebauungsplanentwurf für ein Seniorenpflegeheim in der Straße „Am Hang“ protestieren Anwohner der Alte Frankfurter Straße / Am Hang. Auf einer 5000 Quadratmeter großen städtischen Grünfläche soll ein Heim für 150 Bewohner entstehen. Der von der Hanseatischen Gesellschaft für Seniorenheime (HBB) für die Betreiberfirma Domicil geplante viergeschossige Neubau grenze mit einer Länge von zirka 65 Meter an die Bebauung in der Straße „Am Hang“ und reiche in T-Form etwa 40 Meter weit hangabwärts bis in die heutige Wasserschutzzone hinein.

„Er wäre damit länger und kompakter als das City Hotel, das bislang größte Gebäude auf dem Heilsberg, das insgesamt 92 Zimmer anbietet“, meint Anwohnerin Bettina Münch.Die Anwohner seien „entsetzt über diese Planung, die jede Rücksichtnahme auf die umliegende Bebauung vermissen lässt und zahlreiche Probleme aufwirft, etwa Lärmzunahme, Verschattung, Verlust an Grünflächen und des barrierefreien Zugangs zum tieferliegenden Kindergarten sowie dem Grüngürtelbereich.“ Zudem befürchten sie „ein steigendes Verkehrsaufkommen und kritisieren die völlig unzureichende Verkehrsplanung und Parkplatzsituation für die 100 Bediensteten und den Anlieferverkehr.“

Senioren ausgrenzen?

Die Anwohner haben 200 Protestunterschriften gesammelt und einen Anwalt eingeschaltet, der Verstöße gegen das Gebot der Rücksichtnahme, gegen Natur- und Artenschutzvorschriften, Bodenschutzklauseln, aber auch formale Fehler geltend macht. Auch die von der Stadt zu tragende Erweiterung des Kanalnetzes wird moniert. Zudem, so Münch, werde befürchtet, „dass mit einer so großen Einrichtung und dem in Kürze entstehenden Seniorenheim in Dortelweil der Bedarf an Betreuungsplätzen überschritten und damit ein unerwünschter Verdrängungswettbewerb angestoßen wird.“ Die Anwohner raten zur Verlegung des Pflegeheims in den Quellenpark.

Die Kritik weist Bauamtsleiter Erik Schächer, zurück. Man habe bereits eine Bürgerversammlung durchgeführt und die Themen mehrfach im Ortsbeirat besprochen – „allerdings bei allen Terminen mit recht überschaubarer Bürgerresonanz, was die Vorbehalte betrifft“, so Schächer: „Es ist schade, dass die Kritiker erst so spät Einwände einbringen, die zudem inhaltliche Mängel aufwerfen, welche aber gerne im Einzelnen erörtern werden können.“ Über das Seniorenheim-Vorhaben sei seit 2006/2007 auf dem Heilsberg diskutiert worden, stets mit Blick auf das Areal Am Hang, erinnert CDU-Ortsbeirat Jens Völker (CDU). Im Dezember 2012 sei im Sozialausschuss die Offenlage beschlossen worden, im Mai die Pläne im Bürgerhaus vorgestellt worden – „vor elf Leuten“. „Die haben geschlafen“, kritisiert Völker deren späte Kritik. Zudem habe die Stadt erst vierstöckig geplant, sei aber jetzt auf eine Traufhöhe von 10,92 Meter gegangen – „fünf Reihenhäuser sind genau so eine Front.“ Zudem sei er empört über geäußerte Vorbehalte, die Dementen seien zu laut – so werde auch gegen das geplante Jugendhaus protestiert. Im Übrigen unterstütze der Bad Vilbeler Seniorenrat ausdrücklich das Demenz-Angebot.

Die Entscheidung, dass die Stadt für den Bau der Kanalisation aufkomme, habe die Stadtverordnetenversammlung am 18. Dezember getroffen, so Schächer. Die Kosten für die naturschutzrechtlichen Ausgleichsflächen trägt allerdings HBB. Der Kaufvertrag des 4470 m² großen Areals selbst wurde mit Vorbehalt des Stadtparlaments am 23.September 2013 unterzeichnet, dem die jeweiligen Gremien dann zwischen dem 21. Oktober und dem 26. November 2013 final zustimmten. Parkplätze seien nach Stellplatzsatzung ausreichend vorgeschrieben, einen Fußweg zur Innenstadt werde es weiterhin geben.

„Wir sehen die geplante Anlage als Gewinn für den Heilsberg und für die Innenstadt“, betont Schächer. Das Pflegeheim solle „bewusst nicht, wie gefordert, auf der grünen Wiese entstehen, bei denen die Menschen im besten Alter ausgegrenzt vom Stadtteil, der nötigen Infrastruktur als auch der um den Heilsberg zahlreichen Grünanlagen wären.“ Bad Vilbel habe einen nachhaltigen Bedarf an Plätzen für Seniorenpflege, betont Oliver Radünz, Geschäftsführer der Hanseatischen Betreuungs- und Beteiligungsgesellschaft mbH (HBB): „Wir sind selbst Investor und errichten das Gebäude für den eigenen Bestand und werden das Gebäude langfristig im Eigentum behalten. Auch aus Gründen unserer eigenen Investitionssicherheit haben wir den Bedarf für Bad Vilbel ermittelt – wir würden in Bad Vilbel nicht investieren, wenn wir nicht vom Bedarf überzeugt wären.“

Man plane, „ein wohnliches Gebäude zu errichten – die Ansichten haben wir bereits anlässlich unserer Präsentationen bei der Stadt Bad Vilbel im Jahre 2010 sowie 2012 vorgestellt und diese sind auch veröffentlicht worden“, so Radünz. Der Standort sei günstig, „da das Umfeld zum einen einen hohen Grünanteil bietet, zum anderen die Einbindung in die Wohnstruktur und das Wohnen in Bad Vilbel gut gegeben ist. Standorte außerhalb von gewachsenen Wohngebieten scheiden für uns aufgrund der damit verbundenen Ausgrenzung unserer Bewohner aus dem täglichen Leben aus.“ Durch das Bauvorhaben „werden langfristig Arbeitsplätze in Bad Vilbel geschaffen und die pflegerische Versorgung sinnvoll ergänzt“, betont Radünz.

Die Bürgerinitiative auf dem Heilsberg, die gegen die geplante Altenheim-Wohnanlage agiert, hat Vertreter aller kommunaler Gremien (Stadtverordnete, Magistrat, Seniorenbeirat, Planungs- und Bauausschuss und Ortsbeirat Heilsberg)zu einer Ortsbegehung für Samstag, 25. Januar, um 11 Uhr eingeladen und hofft, vor Ort „auf einen konstruktiven und informativen Dialog mit allen Beteiligten“, so Bettina Münch. (sam)

Das Altenzentrum ist Thema im Ortsbeirat am 30. Januar, 19 Uhr, Georg-Muth-Haus