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Mauer erhitzt Gemüter – Adam Wrona sorgt mit Grundstücks-Einfriedung in Rendel für Gesprächsstoff

Karben. An diesen heißen Tagen staut sich die Hitze im kleinen Garten von Familie Wrona. Für ein paar Minuten darf auch Töchterchen Jasmin draußen spielen. Die Kleine ist anderthalb Jahre alt, der ganze Stolz von Adam Wrona (32) und seiner Frau. Er fühlt sich sicher, seit eine massive Wand das Grundstück vom Verkehr auf der Klein-Karbener Straße trennt.

Von Autos und Lastern fühlt sich Adam Wrona bedroht. Sein neues Haus, im vergangenen Jahr gebaut, steht direkt hinter der Kurve nach dem Ortseingang. Viele Fahrzeuge seien hier mit hohem Tempo unterwegs und manch einer für die Kurve zu schnell, berichtet er. Regelmäßig seien in der Vergangenheit Autos aus der Kurve über den Gehweg auf das Grundstück gekracht – dort, wo nun sein Haus steht und die Familie auf der Terrasse sitzt. Wrona: „Da muss man nur mal im Garten stehen, dann kommt ein Auto und bügelt dich platt.“

Seine Nachbarin, von der er das Grundstück kaufte, habe ihm von diversen Vorfällen erzählt, bei denen die verunfallten Autos bei ihr im Vorgarten standen, zuletzt 2009. In den 60er-Jahren sei bei einem der Unfälle sogar ein Mensch ums Leben gekommen, erklärt Wrona. Eine Leitplanke schützte bis vor wenigen Jahren die Passanten auf dem Gehweg an der Ecke zur Jahnstraße. Besonders Kinder benutzen den Weg zum benachbarten Kindergarten.

Die neue Mauer nun besteht aus zehn Zentimeter dickem Beton. Mit Backsteinoptik findet Adam Wrona sein Werk alles andere als hässlich: „Das hat doch ein mediterranes Flair“, sagt der selbstständige Karosseriebauer. „Wir habe es extra schön gemacht.“

Allerdings gefällt die Wand nicht allen. Immer wieder höre er, wie sich die Leute die Münder zerrissen, berichtet Wrona. Wenn Renate Lauber (69) vorbeikommt, fährt ihr die Zornesröte ins Gesicht. „Ein an Scheußlichkeit nicht zu überbietendes Monument.“ Nachdem gerade erst die Dorfmitte hübsch hergerichtet worden sei, sei „so ein Ortseingang der direkte Hohn“, findet die Rendelerin. Vor allem fragt sich Renate Lauber: Wie konnte solch ein Bauwerk bloß genehmigt werden?

Musste es gar nicht, hält Anwohner Wrona dagegen. „Das ist keine Mauer, sondern nur ein Zaun“, erklärt er den feinen Unterschied.

Die Elemente seien einzeln herausnehmbar. Daher habe es keiner Genehmigung bedurft, was ihm die Stadt schriftlich gegeben habe. Die Argumentation weist die Kommune zurück: Sie macht keinen Unterschied zwischen Zaun und Mauer. Vielmehr gelte laut hessischer Bauordnung: „Einfriedungen bis zu zwei Meter Höhe sind genehmigungsfrei“, sagt Stadtsprecher Ekkehart Böing. Von der „Massivität der Mauer“ sei er zwar überrascht, aber „das ist sicherlich Geschmackssache“, räumt der Stadtsprecher ein. Eine Handhabe gegen die Mauer hätte die Stadt nicht.

Wenn Adam Wrona sein Eigentum mit der Mauer schützen wolle, „ist das schon verständlich“, räumt Rendels Ortsvorsteher Ehrhard Menzel (CDU) ein. Das Bauwerk sei zwar Geschmackssache. „Man sollte den Leuten aber nicht vorschreiben, wie sie etwas gestalten.“ Kümmern müsse sich die Politik dagegen weiterhin um den Gefahrenpunkt: Nachdem das Land nach der Straßenrenovierung den Neubau einer Leitplanke ablehne, müsse nun ein Blitzer das Tempo in der Kurve überwachen. Darauf reagiert man im Rathaus reserviert. Schließlich sollte der neue Fahrbahnteiler am Ortseingang die Autos abbremsen. Dass Wrona nun zu hohes Tempo als Ursache für seine Mauer nennt, kommentiert Böing diplomatisch: „Sein Beweggrund ist uns nicht ganz klar.“

Für den Erbauer entwickelt sich die Mauer derweil zum Verkaufsschlager. Weil es Derartiges in Deutschland nicht gebe, hat er die Betonelemente aus Polen importiert. Und die Mauer gefällt auch Menschen hierzulande. Er zieht deshalb nun im kleinen Stil einen Deutschland-Vertrieb auf. (den)