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Nicht löschbar!

Auch mehr als acht Tage nach Ausbruch des Brandes darf die Scheune von Feuerwehr und Polizei nicht betreten werden, weil sie laut Statiker einsturzgefährdet ist. Foto: rin
Auch mehr als acht Tage nach Ausbruch des Brandes darf die Scheune von Feuerwehr und Polizei nicht betreten werden, weil sie laut Statiker einsturzgefährdet ist. Foto: rin

Bei einem Scheunenbrand in Groß-Karben ist am 30. September die komplette Ernte des Landwirtes Harald Cost vernichtet worden. Auch eine Woche nach Ausbruch ist der Brand noch immer nicht gelöscht, da das Stroh der rund 3000 Pressballen weiterhin kokelt. Immerhin raucht der Brand kaum noch, die Anwohner können wieder durchlüften. Und die Ursache? Die Kripo konnte bislang gar nicht richtig anfangen zu ermitteln, denn die Scheune ist einsturzgefährdet.

Karben. Um 14.35 Uhr war am 30. September das Feuer gemeldet worden. Im Nu sind mehrere große Feuerwehrlaster sowie diverse weitere Einsatzfahrzeuge an der Scheune an der Kreisstraße Richtung Heldenbergen – schräg gegenüber des Reiterhofs der Familie Cost. Der Ertrag einer ganzen Saison in der 21,5 mal 76 Meter großen Scheune hat Feuer gefangen – Heu und Stroh von rund einem dreiviertel Hektar Feldern.

Während an die 70 Feuerwehrmänner versuchen, den Brand zurückzudrängen, betrachten nicht nur zahlreiche Schaulustige das Geschehen. Die immense Rauchsäule ist auch aus großer Ferne gut zu erkennen. Zum Glück für die Groß-Karbener Anwohner zieht der Rauch zum Wald hin ab.

Rauchwolken

Die Löscharbeit stellt die Wehr vor große Probleme. Das Feuer kann nur von außerhalb gewässert werden. Ziel der Einsatzkräfte war es zunächst das Gebäude herunterzukühlen. Danach mussten die Statiker beurteilen, ob die Brandschützer die Scheune betreten dürfen, oder ob die Einsturzgefahr zu groß ist. Und die ist auch bis heute noch gegeben.

Gelöscht werden kann das Feuer aber nur, indem das brennende Heu und Stroh herausgeholt wird. „Gestapelt im Gebäude ist dem Feuer nicht beizukommen“, sagt Bier. Somit ist der Brand für die Wehr unlöschbar geworden und es wird auf ein kontrolliertes Abbrennen gesetzt, denn ein Einsatz im Innern wäre zu gefährlich für die Wehrleute.

Das Feuer-Inferno war nicht nur im unmittelbaren Umfeld der Brandstelle ein Thema: Tagelang war der Brandgeruch in großen Teilen Karbens und Bad Vilbels zu riechen. Ein Nordostwind trieb die Rauchgase dorthin. Laut Karbens Stadtbrandinspektor Thomas Bier war der Geruch jedoch gesundheitlich unbedenklich. Das hätten Messungen ergeben. Das bedeutete auch Entwarnung für Schüler und Lehrer der nahen Kurt-Schumacher-Schule: Dort war ein Lüften der Klassenzimmer zeitweise unmöglich.

Bis zu zwei Wochen wird es wohl dauern, bis die Scheune ausgebrannt ist, fürchtet Thomas Bier. „Von außen in die Halle hinein zu löschen wäre bloß Show.“ Der Wasserstrahl müsse genau auf die Mitte einer Feuerstelle gerichtet werden, um auch den Brandherd in den dichtgepressten Heuballen zu löschen. Dafür müssten die Helfer näher heran. Nun kontrolliert die Wehr, dass die Ballen herunterbrennen und kein Funkenflug entsteht.

Eine Ernte vernichtet

Seit Tagen riegelt ein Zaun die Halle ab. „Denn es kommen ziemlich viele Besucher her, die sich das anschauen wollen“, erklärt Feuerwehrchef Bier. Darüber ist Harald Cost nicht so glücklich. Seine ganze Familie leidet unter dem Feuer. Der Brand mit seinen Gerüchen und Rauchschwaden hat sich über halb Karben gelegt, roch bis nach Frankfurt. Seine Tochter beispielsweise habe sich deswegen in der Kurt-Schumacher-Schule viele Vorwürfe von Mitschülern anhören müssen.

Derweil organisiert ihr Vater, dass die 70 Pferde des nahe gelegenen Waldhohlhofs auch weiter gut versorgt werden. „Dafür benötigen wir am Tag mehr als eine Tonne Stroh“, erklärt Cost. In der 1980 gebauten und 1986 erweiterten Scheune lagerte der Vorrat einer kompletten Ernte. „Immerhin haben wir ein gutes Jahr“, sagt der Landwirt. „Da können wir Heu und Stroh wenigstens recht günstig zukaufen.“

Vertreter der Versicherungen machen sich derweil ein Bild vom wohl 300 000 Euro teuren Schaden. Ein Sachverständiger der Sparkassen-Versicherung begutachtete den Gebäudeschaden. Alles darin – neben Heu und Stroh auch zwei Anhänger mit Weizensaat und Mais – ist Sache für die Mecklenburgische Versicherung. Auch ihr Vertreter Karl-Heinz Pfetzing hat sich längst eingeschaltet.

War es Brandstiftung?

Pfetzing vermutet, dass der Brand kein Zufall war. Denn Harald Cost habe „viele Neider“, schließlich sei der landwirtschaftliche Betrieb ja sehr erfolgreich. Bei der Polizei verweist man auf die laufenden Ermittlungen und lehnt Spekulationen ab: „Wir hatten auch schon Fälle, da sprach alles für Brandstiftung, und dann war es doch eine Selbstentzündung“, sagt Polizeisprecher Jörg Reinemer.

Einmal schon hat die Kripo den Brand begutachtet. Die Hallensperrung schränkt die Ermittler aber ein. Sobald das Feuer aus sei, sagt Feuerwehrchef Bier, müsse ein Statiker die abgekühlte Stahlkonstruktion überprüfen. Bis dahin schauen Feuerwehrleute und Polizei regelmäßig vorbei. „So lange es glimmt, besteht die Gefahr von Funkenflug, falls der Wind auffrischt.“

Könnte sich der Brand also auch von selbst entzündet haben? Harald Cost schüttelt den Kopf. Am Brandherd habe Stroh aus dem Vorjahr gelagert. „Da kann sich nichts entzünden.“ Der Landwirt aus Klein-Karben befürchtet, dass die Ursache vielleicht nie geklärt wird.

Das hat er vor acht Jahren schon einmal erlebt: 2006 war sein riesiger Haufen Pferdemist hinter dem Karbener Wald an der Straße nach Heldenbergen aus immer noch ungeklärtem Grund in Brand geraten. Während des Fußball-WM-Spiels Deutschland gegen Schweden. Der Pferdemist ließ sich nicht löschen, brannte wochenlang, stank ebenfalls bis Frankfurt. Vielleicht hat es doch jemand auf die Familie abgesehen? (den)