Veröffentlicht am

Razzia in Dortelweil

Bad Vilbel. Auch bei hochsommerlichen Temperaturen gehen die Arbeiten für den Schulbau in Dortelweil-West voran – doch gestern mit reduziertem Tempo. Während im Innern des Gebäudes Handwerker lautstark zugange sind, werden Kollegen von ihnen mit nackten Oberkörpern und in Begleitung von Zollbeamten vom Gelände geführt.

Gestern früh, ab neun Uhr, war die Baustelle an der Theodor-Heuss-Allee Schauplatz einer Groß-Razzia. 60 Mitarbeiter der Abteilung Finanzkontrolle des Zolls waren im Einsatz. 70 Polizisten sicherten das Areal ab, verhinderten, dass jemand flüchten konnte.

Bereits in der vergangenen Woche sei die Baustelle routinemäßig kontrolliert worden. Dabei seien Beobachtungen gemacht worden, nach denen eine große Prüfung nötig wurde, hieß es von der Einsatzleitung der Zollfahnder, die sämtlichst nicht namentlich genannt werden möchten, weil sie auch in Zivil ermitteln.

Ermittelt wurde wegen diverser Tatbestände. So sei es an Großbaustellen gängige Praxis, dass der nach dem Arbeitnehmer-Entsendegesetz geltende Mindestlohn nicht gezahlt werde, hieß es. Auch das Aufenthaltsrecht werde überprüft.

Dazu waren auch zwei Mitarbeiter der Wetterauer Ausländerbehörde in Dortelweil. Es gebe jedoch noch keine Informationen zu Ergebnissen eventueller Ermittlungen. „Das ist Sache der Staatsanwaltschaft“, erklärte Kreis-Pressesprecher Michael Elsaß. Nach Angaben der Zollfahnder wurden bis zum Mittag etwa 70 Personen überprüft. Ob es Anzeigen geben werde, hänge von den Ermittlungen ab. Mit Ergebnissen sei in drei bis vier Wochen zu rechnen, so die Zollbeamten.

Das Geflecht von Auftraggebern und Arbeitern sei komplex. Auch bei der ESRM gebe es einen Generalunternehmer, ausführende Firmen und etliche Subunternehmen, „die teilweise noch nicht aufgeklärt sind“, sagte einer der Zollbeamten.

Auch wenn der Schulbau äußerlich schon fertiggestellt ist, gibt es noch zahlreiche Gewerke: Trockenbau, Maler- und Elektrikerarbeiten, Heizungs- und Sanitärbereich, Bodenverleger, zählten die Zollbeamten auf. Sie vermuten, dass einige der aus Ungarn, Bulgarien und Polen stammenden Arbeiter als Scheinselbstständige tätig sind – und ihre Auftraggeber immense Sozialabgaben sparten. Einer der Beamten sagte, es sei viel schlimmer, wenn Beschäftigte auf diese Weise über Verträge Schaden anrichteten, als wenn jemand ein, zwei Tage illegal ohne Aufenthaltsgenehmigung irgendwo arbeite.