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Umbau schreitet voran

Straffällig gewordene Jugendliche sanieren alte Kegelbahn im Selzerbrunnenhof

Mit Eifer und Engagement dabei: Jugendliche leisten ihre Sozialstunden zum Wohl des Jukuz Karben ab und bringen es wieder auf Trab. Foto: Kohrs
Mit Eifer und Engagement dabei: Jugendliche leisten ihre Sozialstunden zum Wohl des Jukuz Karben ab und bringen es wieder auf Trab. Foto: Kohrs

Das Sanierungsprojekt des Karbener Jugendkulturzentrums (Jukuz) mit straffällig gewordenen Jugendlichen ist ein voller Erfolg. Dank des fleißigen Teams um Jugendpfleger Tobias Ludig sind die Arbeiten an der historischen Kegelbahn eine Woche vor dem geplanten Bauende fast beendet.

Karben. Noch nicht lange ist der letzte Rock-Akkord des Karben Open-Air verklungen, da hämmert und pocht es schon wieder rhythmisch auf dem Gelände des Selzerbrunnenhofs. Seit Dienstag dieser Woche arbeiten insgesamt elf straffällig gewordene Jugendliche im Akkord, um die denkmalgeschützte Kegelbahn, baufällig und einsturzgefährdet, zu sanieren. Dass der Restaurier-Trupp um Jugendpfleger Tobias Ludig so gut vorankommt, damit hatte jedoch niemand gerechnet.

„Es ist toll, dass jeder so gut mitarbeitet, deswegen liegen wir so gut in der Zeit“, lobt Aaron Kauffeldt den Baufortschritt. Der 19-Jährige absolviert beim Jugendkulturzentrum Jukuz sein Freiwilliges Soziales Jahr und hilft bei der Koordination der Arbeiten. In eingeteilter Schichtarbeit klopfen er und die zwischen 16 und 21 Jahre alten Jugendlichen, die in diesem Projekt ihre auferlegten Sozialstunden ableisten, die alten Backsteine aus dem Mauerwerk. Sie befreien die Steine vom Mörtel und stampfen die maroden Ziegel des Daches zu einem neuen Fundament, das den Abfluss des Regenwassers erleichtern soll. „Da das Dach keine Rinne haben wird, wollen wir so verhindern, dass das abfließende Regenwasser beim Aufprall auf den Boden zu sehr spritzt und wieder ins Gemäuer zieht“, erklärt Jugendpfleger Tobias Ludig. „Uns kam die Idee, die alten Ziegel so wiederzuverwerten, anstatt extra Kies zu kaufen“, fügt Ludig hinzu. Nicht nur, dass die jugendlichen Delinquenten ihre Sozialstunden, die sich auf zwischen acht und 20 Stunden belaufen, mit handwerklich anspruchsvoller Arbeit für den lohnenswerten Erhalt des historischen Gebäudes einsetzen. Die Sanierung, die insgesamt zwei Wochen dauern soll, sei mit sehr geringem finanziellen Aufwand zu stemmen, betont Ludig.

Deutlich günstiger

„Es gab von mehreren Fachfirmen mal einen Kostenvoranschlag für die Sanierung, der sich im sechsstelligen Bereich befand“, erinnert sich der Jugendpfleger. Mit seinem Projekt liege sein Team deutlich darunter. Die Materialkosten wurden vom Kommunalen Immobilienmanagement, das in der Sanierungs-Planung mit dem Jukuz kooperiert, auf 7 000 Euro kalkuliert. Wie erfolgreich diese Verbindung von sozialer Arbeit mit günstigem und nachhaltigem Denkmalschutz ist, zeigt auch die Förderbereitschaft in Karben. So wird das neue Ziegeldach der alten Kegelbahn mit alten Ziegeln eines Groß-Karbener Hauses in der Christinenstraße gedeckt.

Ein Architekt hatte auf den Spendenaufruf des Jukuz reagiert und seine Unterstützung mit dem Baumaterial angeboten. Ehrenamtliche Hilfe erhält das Team zudem von Peter Stolz, der den verstaubten Teppich in dem 40 Meter langen und zwei Meter breiten Bau entsorgt. Die Außenfassade ist unterdessen schon fast fertig vorbereitet für den Zimmermann, der am Freitag kommen soll. „Wir sind mit den Vorarbeiten wirklich sehr gut vorangekommen, so dass wir zwischenzeitlich sogar noch wichtige Kompostarbeit auf dem Hof erledigen konnten“, freut sich Ludig. Wenn der Zimmermann da ist, sollen die Jugendlichen weiter mit eingebunden werden und etwa helfen, Holz zuzuschneiden.

Ein Experiment

Dringend muss die völlig verzogene Bodenschwelle des Baues ausgetauscht werden. Nachdem die Dachlatten bereits entfernt wurden, müssen hier und da noch ein paar Sparren ausgetauscht werden. Am Ende soll das Fachwerk wieder in alter Pracht tragfähig sein und der Bau voraussichtlich als Spielstätte für den Kinderplaneten genutzt werden. Aber auch die Fahrradwerkstatt könne die Lagerfläche gut gebrauchen, so Ludig. „Wir haben schon vorher straffällig gewordene Jugendliche als Helfer auf unserem Gelände eingesetzt“, erinnert er sich.

Dieses Sanierungs-Projekt sei ein einzigartiges Experiment, das wirklich hervorragend funktioniere, sagt Ludig. Als kleine Belohnung hat die Jugendgerichtshilfe, die die Sozialstunden verordnet hat, Fördergelder zur Verfügung gestellt, mit denen das Team zum Abschluss ein Grillfest feiern kann.