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Wenig Zeit für Karben – Ex-Mitarbeiter berichtet über Nebentätigkeiten des Umweltamtsleiters Adam

Karben/Bad Vilbel. Die Bad Vilbeler Deponie-Affäre wirft neue Fragen in Karben auf. Dort wundert man sich, wie viel Umweltamtsleiter Thomas Adam offenbar neben seiner Haupttätigkeit erledigte: Landschaftspflege für die Stadt Bad Vilbel, die eigene Firma, eine Rinderzucht, Aufträge in der Region. Ein Ex-Mitarbeiter Adams erklärt nun: Er habe öfter städtisches Material aus Karben abgeholt und in Bad Vilbel und andernorts genutzt. Schon 2002 ermittelte der Staatsanwalt gegen Adam.

Karlheinz Hess (47) ist ein akribischer Mensch. Fein säuberlich hat der Burg-Gräfenröder Landwirt die Ordner gefüllt. Aufträge, Rechnungen, Schriftverkehr. Über Jahre hinweg war Hess für Thomas Adam tätig. Und auf den hat die Frankfurter Staatsanwaltschaft in Sachen Deponie-Affäre in Gronau ein Auge geworfen.

Der Erdhaufen wurde fünfmal so groß wie genehmigt – und ist damit mutmaßlich illegal. Bauleiter war Adam mit seiner Firma Terranova. Hauptberuflich ist er Umweltamtsleiter in Karben. Die Verquickung kam Hess komisch vor. „Ich habe mir vorsichtshalber alles aufgeschrieben und aufgehoben.“

Seit 1993 habe ihn Adam immer wieder mit Landschaftspflegearbeiten betraut, berichtet der gelernte Landmaschinenmechaniker. Dabei seien städtische und private Aufträge Hand in Hand gegangen.

Wohin die Rechnung gehen solle, habe ihm Adam immer speziell gesagt. Auch für die Erddeponie bei Gronau bekam Hess Aufträge: „Wobei immer wieder Zaun, Zaunpfosten und Kompost von der Stadt Karben dorthin gebracht wurden“, ebenso Rollen mit Drahtzaun.

Von August 2000 an stand Hess für zehn Monate mit halber Stelle im Dienst der Stadt Karben. In dieser Zeit habe er auf Adams Geheiß „zirka 400 neue Zaunpfosten“ vom Karbener Bauhof abgeholt, nach Gronau gefahren. Beim Einschlagen in den Boden seien mehrere der Holzpfosten zerbrochen. „Da war etwas Hartes im Boden“, erklärt Hess. Vielleicht Bauschutt? Bei Probebohrungen habe die Staatsanwaltschaft keinerlei Hinweise darauf gefunden, berichtet die Sprecherin der Behörde, Doris Möller-Scheu. Weitere Bohrungen planen die Ermittler laut FNP-Informationen für 2010. Über den Stand der Ermittlungen will Möller-Scheu Anfang Dezember berichten.

Nicht nur nach Gronau gingen laut Hess die Ladungen aus Karben: Einen Anhänger mit rund 4500 Sträuchern habe er etwa zu einem privaten Baugrundstück im Nidderauer Stadtteil Ostheim geliefert. Adam habe ihm erklärt, der Stadt die Pflanzen abgekauft zu haben. „Was ich ihm so glauben musste“, sagt Hess.

Dass Adam auch direkt in Karben städtische und private Projekte verquickt habe, berichtet ein anderer, in der Landwirtschaft tätiger Karbener der FNP, der namentlich nicht genannt werden möchte. Demnach habe Adam „im großen Stil“ städtische Mitarbeiter Naturschutzwiesen und die Obstbäume darauf einzäunen lassen – um diese dann als Weiden für seine private Zucht von Galloway-Rindern nutzen zu können. Mutmaßlich pachtfrei von der Stadt, so der Landwirt.

Für diese Galloway-Zucht tat sich Adam mit Landwirt Hess zusammen, auf dessen Hof die Rinder untergebracht waren. Nach sechs Monaten war das Projekt wieder vorbei, berichtet Hess. „Adam hatte nie Zeit, weil er ständig in Gronau zu tun hatte.“ Dass die Naturschutzflächen der Stadt so ungepflegt seien, sei eine weitere Folge von Adams Nebentätigkeiten.

Längst haben sich die Ermittler der Wetterauer Polizei Hess’ Unterlagen gesichert. Mit dem Staatsanwalt hat Adam nicht zum ersten Mal Kontakt: Bereits 2001 ermittelte der wegen des Verdachts der Untreue gegen ihn, nachdem Landwirt Hess seine Vorwürfe erhoben hatte. Das Verfahren wurde eingestellt, weil Aussage gegen Aussage stand und man Adam nichts nachweisen könne, erklärte die Staatsanwaltschaft damals.

Zu den einzelnen Vorwürfen „kann ich keine Stellungnahme abgeben“, sagt Thomas Adams Anwalt Andreas Bruszynski nun. Da sie neu seien, habe er darüber noch nicht mit seinem Mandaten sprechen können. Nach dem Ende der Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zur Deponie-Affäre „können wir uns aber darüber unterhalten“. In einem Punkt allerdings könne er schon etwas sagen: Den Vorwurf, dass er städtische Zaunpfähle veruntreut habe, weise Adam zurück.

Der damalige Bürgermeister Detlev Engel (SPD) nimmt Adam in Schutz. „Ich glaube nicht, dass Herr Adam Untreue begangen hat.“ Zumindest die umstrittenen Einzäunungen von Naturschutzflächen aber hält Engel für möglich. „Es kann sein, dass wir gesagt haben: Wir verpachten das und schützen vorher die Bäume.“

Die Karbener FWG-Fraktion verlangt nun von der Stadtregierung ausführliche Auskunft. Ob sie überhaupt eine Antwort bekommt, ist derzeit unklar. „In welchem Umfang und ob die Beantwortung öffentlich erfolgt“, berichtet Stadt-Sprecherin Susanne Schubert, werde derzeit „umfassend geprüft“. Aktuell aber gebe die Stadt keine Auskünfte zu den offenen Fragen.

Darüber schmunzelt Karlheinz Hess. „Ich bin baff, dass das nun alles herauskommt.“ Denn es sei vielen Menschen bereits länger bekannt gewesen. Etwa, als Adam seinerzeit Wiesen einzäunen ließ. „Die Landwirte haben getobt“, erinnert sich der Roggauer Karlheinz Hess. „Aber da sagt keiner was.“ Warum? „Sie haben alle Angst, dass sie von der Stadt keine Äcker mehr zur Pacht bekommen.“ Das erlebt auch Karlheinz Hess. „Ich bekomme in Karben nichts mehr zugeteilt.“ (den)